Blick aus dem Zelt im BC Blick aus dem Zelt im BC
22 November 2007

Tomaz Humar klettert solo durch die Annapurna Südwand

Des Slowenische Topalpinist und Nationalheld klettert im Alpinstil bei schlechtesten Verhältnissen durch eine der größten Wände im Himalaya...

Am 28.10 klettert der Slowenische Spitzen-alpinist im reinen Alpinstil durch den rechten Teil der Annapurna Südwand, wobei er bis 7500 m auf einer neuen Linie aufsteigt und danach über den Ostgrat den Ostgipfel (8047 m) erreicht.

Tomaz Humar berichtet über seinen Aufstieg, der sicherlich zu den bedeutendsten alpinistischen Leistungen im Himalaya zählt.

Die Route

Humars Route ist völlig neu und wurde solo im puren Alpinstil geklettert, in einem Teil der Südwand, wo 1988 bereits ein polnisches Team mit Hajzer-Kukuczka unterwegs war. Tomas hat mit Arthur Hajzer die einzelnen Routen abgestimmt und es war klar, dass es sich um völlig eigenständige Linien handelt, die sich nur auf 5800 m auf einer kleinen Eisplattform, auf der Humar sein erstes Biwak errichtete, treffen. Mehr Informationen über die Polnische Route findet ihr hier

Humer meint dazu „ Ich bin in diese Wand eingestiegen, ohne zu wissen, dass 1988 bereits ein Team in der Nähe meiner geplanten Route in der Wand war. Ich bin die Route in nur zwei Tagen (Auf- und Abstieg) bei extrem schwierigen Verhältnissen mit Regen und Schnee geklettert. Als ich einstieg kam der Wind von Nord-Nordwest – auch Jetstream genannt – mit 100 – 150 km/h. 1997 war es genau dieser Wind, der für den Tod meines Partners Janez Jeglic verantwortlich war.

Routentagebuch

24.Oktober

Ich verließ mit meinem Freund Jagat Limbu das BC und wir überquerten den Gletscher und gelangten über Mixedgelände und Eispfeiler auf 5800m unter die eigentliche Hauptwand.

25. Oktober

Wir blieben wegen des starken Windes und Magenbeschwerden den ganzen Tag in unserem Biwak auf 5800 m. Außerdem fühlte ich mich nicht ganz akklimatisiert, da ich davor nur den Tharpu Chuli (5690 m) und einen rd. 5300 m Berg zum aufwärmen gemacht habe. Beides sind unzureichende Höhen, um sich für einen 8000er zu akklimatisieren.

26. Oktober

Ich begann um 6 Uhr mit dem Aufstieg – ohne Helm, ohne Seil und ohne Gurt – nur mein Biwakzeug und etwas Essen und Gas hatte ich dabei. Ich ließ alles andere bei Jagat, der alleine absteigen wird, wenn ich nicht zurückkomme. Um drei Uhr nachmittags begann ich auf 7200 m ein Schneeloch zu graben. Mein zweites Biwak.

27. Oktober

Ich verbrachte den ganzen Tag in dem Schneeloch, um mich noch mehr zu akklimatisieren, da ich auf keinen Fall ein Ödem riskieren wollte. Der Wind war wirklich stark und erreichte Geschwindigkeiten bis 100 km/h

28. Oktober

Mein Wecker läutete um 6 Uhr, doch ich habe ohnehin nicht geschlafen. Ich wartete die ganze Zeit auf einen günstigen Moment für den Aufbruch. Der Himmel war klar, der Wind stark und kalt (ich wurde vom Schweizer Wetterdienst gewarnt, wegen des Jetstream nicht über den Grat zu gehen). Ich kletterte mit minimaler Ausrüstung und ich hatte nur 2 Liter Saft dabei, die bereits in der ersten Stunde einfrohren. Trotz des extrem starken Windes stieg ich weiter zum Ostgipfel auf. Um 10 Uhr, überquerte ich den Großteil des Ostgrates. Mit jeder Stunde wurde der Wind stärker. Weiter oben löste ich immer häufiger Eis- und Schneerutsche aus und das Risiko einer Lawine stieg rapide an.

Um 3 Uhr nachmittags stand ich auf dem Ostgipfel auf 8047 m. Ich betete zu Gott und fühlte mich sicher. Obwohl das Wetter gut war, kam es mir nie in den Sinn zum Hauptgipfel (8091m) weiterzugehen. Gott gab mir bereits 1995 die Möglichkeit, diesen Punkt zu erreichen. Es war mein erster 8000er und das ist auch die Antwort auf die Frage, warum ich mir wieder die Annapurna ausgesucht haben. Es ist nun 20 Jahre her, seit Bergsteigen zu einem Lebensziel geworden ist.

Rasch begann ich mit dem Abstieg, den der Schatten des Schneegrates wurde immer länger. Ich kündigte Jagat per Funk meine Rückkehr an. Er war sehr glücklich, ein Lebenszeichen von mir zu erhalten, denn den letzten Kontakt hatten wir um 10 Uhr und seitdem betete er für mich.

Als die Nacht einfiel, erreichte ich den Fuß des Ostgrates. Ich war sehr müde und es lag ein langer und anstrengender Tag zwischen meiner letzten Nahrungsaufnahme. Es war komplett dunkel und ich konnte meine Spur nicht mehr finden. Ich war verloren, doch ich wusste, dass Gott bei mir war. Die Stirnlampe funktioniert bei den tiefen Temperaturen nicht und ich musste warten, bis der Mond aufging. Um 8.25 erreichte ich mein Biwak auf 7200m.

Ich schrieb ein SMS:

ICH BIN GLÜCKLICH IM BIWAK. NEUE ROUTE BIS AUF 7500M +, DANN DIE LÄNGSTE REISE ZU MIR SELBST. ANNAPURNA OST 8000M UND NACH 14 STUNDEN WIEDER ZURÜCK. ALLES WAR OK, ABER BEI DEM 60 KM/H STARKEN WIND WERDE ICH MEIN AUTO LANGSAM WEITERLENKEN.

Dann begann ich eine Meditation und kochte eine Tasse Tee.

29. Oktober

Um 8 Uhr starte ich mit dem Abstieg zu meinem ersten Biwak auf 5800m. Dort traf ich nach 1400 m Abstieg auf Jagat, rief meinen Arzt im BC an, meine Eltern, meine Freundin, meine Kinder und die Agentur.... Alles ist ok, ich erreichte den Gipfel und bin sicher wieder abgestiegen. Wir stiegen jetzt weiter ins Basecamp (4150 m) ab, das wir am gleichen Tag um 8.30 Uhr erreichten.

30. Oktober

Nachdem ich bis zwei Uhr früh allen die Details meines Aufstieges erläutert hatte, packten wir unsere Ausrüstung zusammen und bereiteten uns auf die Heimfahrt vor. Am Nachmittag organisierten wir noch die Rettung von drei Mitgliedern einer Koreanischen Expediton am Annapura Fang, dann stiegen wir auf 2100 m ab.

7. November

Zurück in Slowenien.

Das waren die Tagebucheinträge von Tomaz Humar, der mit dieser Leistung erneut einen Markstein in seinen ohnehin bereits sehenswerten Himalaya-Lebenslauf setze. Er hatte bisher fast alle seine Gipfel auf neuen Wegen im Alleingang bestiegen und konnte 20 Jahre nach dem Beginn seiner Bergsteigerkarriere diesen großartigen Anstieg machen. Auch sein Sponosor C.A.M.P bedankt sich bei Tomaz für die großartige Zusammenarbeit und die Chance einen Alpinist auf diesem Level mit so einzigartigen eigenen Werten zu treffen.

Webtipps

Tomaž Humar: Dramatische Rettung am Nanga Parbat

www.humar.com

CAMP

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