Nagelstudio - Dreifingerspitze
Toureninfo
Topos
Standort / Karte
Tourenbeschreibung
Bis zur letzten Seillänge empfehlenswerte und lohnende Route alpinen Charakters – Zahlreiche Haken und Schlingen weisen den Weg und erleichtern die Absicherung. Die letzte Seillänge entlang der herben, seriösen & gelben Verschneidung kann sich als „Spielverderber“ des alpinistisch klassischen Unterfangens erweisen. Will man das traditionelle Menü ohne bitterem Digestiv beenden, so kann man auf die letzte steile Seillänge verzichten und vom Standplatz nach links im 4. Grad den Gipfelkamm im Bereich des letzten Standplatzes des „Schlafenden Indianers“ erreichen. Dem ambitionierten Alpinkletterer sei der hantige und würzige Abschluss entlang der Verschneidung jedoch empfohlen, wobei man bedenken sollte, dass die Felsbeschaffenheit recht bescheiden ist und die Absicherung einiges an Eigeninitiative erfordert - für Kletterer, die einen sehr bitteren Verdauungsschnaps bevorzugen und wertschätzen.
Felsqualität: überwiegend gut, stellenweise auch sehr gut, aber auch sehr heikle und kritische Passagen (letzte Seillänge).
Zur Erstbegehung:
An den milden letzten Oktobertagen verwirklichten wir die Idee einer bohrhakenlosen Route in den heimatlichen Olanger Dolomiten, die manchmal etwas ironisch und höhnisch von einigen Einheimischen auch Kuhberge genannt werden. Dass man sich an und in denselben alpinistisch und kletterakrobatisch ausgiebig austoben kann, ist nur in einem kleinen Insiderkreis bekannt. Am Daumen der Dreifingerspitze fanden wir noch genügend Spielraum, um unser Vorhaben umzusetzen. Die erste Seillänge könnte man getrost etwas gesucht und gekünstelt bezeichnen. Nachher folgt die Route aber einer ziemlich logischen Linie bis zum großen Band. Am Band entschieden wir, den offensichtlichsten Weg entlang des sehr akzeptablen gelbgrauen Wandbereichs rechts des „Schlafenden Indianers“ weiterzuklettern. Nach zwei sehr klassisch anmutenden Seillängen gelangten wir zum Standplatz exakt am Beginn der imposanten, aber auch etwas bedrohlich wirkenden gelben Verschneidung. An diesem Standplatz sollte unser Vorhaben, eine traditionelle, klassisch abgesicherte Alpinroute mit überaus akzeptabler Absicherung, augenscheinlicher Routenfindung und angemessener Felsqualität und Schwierigkeiten zu kreieren, einen erheblichen Dämpfer erleiden. Wir standen vor einer konventionellen Pest oder Cholera Entscheidung. Entweder verlassen wir die Route längs einer nach schräg links verlaufender Rinne im unteren Schwierigkeitsbereich oder wir klettern in direkter Gipfellinie über die gelb-weiße Verschneidung empor. Bevor sich eine „Soll ich oder soll ich nicht“-Spirale überhaupt winden konnte, entschied ich mich für den direkten Weg. Bei dieser Entscheidung hatten eine mir scheinend gesunde Portion alpinsportlicher Ehrgeiz, aber auch ein Quäntchen Selbstsucht erhebliche Anteile. Nach gut 35 Meter, die mit einer technisch anspruchsvollen Wandstelle, einer splittrigen Verschneidung und einem abschließenden Untergriffschuppen-Quergang gewürzt waren, konnte ich den letzten Stand direkt am Gipfel es „Daumens“ einrichten. Am Gipfel mischte sich die Erleichterung und die Freude über den gelungenen Ausstieg mit der herben Enttäuschung, dass die ursprünglich sehr lässige Erstbegehung mit der letzten Seillänge eine unerwartete Wendung erfuhr, zu einer zwiespältigen Gefühlsmixtur. Die Route weist zwar eine überschaubare Länge von acht Seillängen auf, kann aber trotzdem für einen kurzweiligen alpinen Klettertag sorgen. Wie bereits erwähnt, kann man sich bis zum vorletzten Standplatz auf eine engagiert eingerichtete Route und komfortablen Fels freuen. Dort angelangt kann sich jeder musisch dem „Soll ich oder soll ich nicht-Spielchen“ widmen.
Die Route ist zwar nach Nordwesten ausgerichtet, kann aber unter Umständen bis spät in den Herbst sehr brauchbare Bedingungen aufweisen. Zum überwiegenden Teil herrschen aber von Juni bis September die besten Verhältnisse vor.
Siehe Topo!
Manuel Gietl & Michael Kofler am 29. und 31. Oktober 2022
2 x 60 m
12
NAA, umfangreiches Set Friends (mittlere bestenfalls doppelt), 60m Einfach- oder Doppelseil, 10 Express
Ausschließlich Normalhaken und Sanduhren jeglicher Größen – Standplätze sind zu einem überwiegenden Teil bereits eingerichtet, sollten und könnten durch Einsatz von mobilen Sicherungen noch nachgebessert werden – belassene Schlingen erleichtern die Routenfindung und verhindern an einigen Stellen bei Verwendung eines Einzelstranges die Seilreibung.
Ausgehend vom Furkelpass entlang des Wanderweges Nr.3 Richtung Dreifingerscharte gehen. Ca. 50hm unterhalb der Scharte den Wanderweg Richtung Osten verlassen und leicht absteigend (Spuren, Gamssteig) zum Einstieg (Blaue Schlinge + 2 Sanduhren). 1h -1,5h
2300 m
Vom letztem Standplatz einige Meter Richtung Gipfelgrat des Daumens weiter steigen. Denselben in östlicher Richtung zu einer Scharte folgen. Zur Scharte etwas ausgesetzt und schottrig abklettern (Seilversicherte Stellen) und schlussendlich in südlicher Richtung auf den Südrücken der Dreiffingerspitze steigen (2°). Vorsicht und etwas Konzentration gefordert. Dann nach Westen zur Dreiffingerscharte und über Weg Nr. 3 wieder zurück zum Ausgangspunkt.
31.10.2022
Manuel Gietl
Ausgangspunkt / Anfahrt
Pustertaler Staatsstrasse richtung Olang. Dann auf den Furkelpass beim Staubecken Parken. Auch möglich über St. Vigil/Enneberg auf die Furkel.
Olang - 1050 m
Furkelpass - 1789 m
Kommentare