Finsteraarhorn Südostgrat
Toureninfo
Topos
Standort / Karte
Tourenbeschreibung
Der längste Grat im Berner Oberland, Goedekes Beschreibung („Ein Epos von klassischen Grat“) trifft es gut. Eine zermürbende, nicht enden wollende Aneinanderreihung brüchiger Grattürme, wobei nach jedem Turm der Gipfel gleich weit entfernt wirkt. Die riesigen Gletscherströme auf jeder Seite sorgen für hochalpines Ambiente.
Zustieg: Vom Oberaarsee am Grimselpass über die Staumauer und am See entlang zum Oberaargletscher. Über den Gletscher zum Oberaarjoch. Jenseitig Absteigen in den Kessel des Galmigletschers und über einige Hänge zur Gemschlicke. Dort gemauerter Biwakplatz direkt am Einstieg (ca 5h).
Tour: Von der Gemschlicke klettert man zuerst über eine etwas brüchige Plattenwand, wobei man eher rechts einsteigt und dann diagonal nach links zieht. Unbedingt am Vortag anschauen! Anschließend geht es immer entlang der Gratkante bis zu P.3604, wobei alle Gratzacken und Türme mehr oder weniger direkt überklettert werden. Vom P.3604 folgt ein Schotterabstieg zum Schneesattel, ca 3:30h. Bereits hier sollte man zu Sonnenaufgang sein!
Nun entlang des schottrigen Grates bis zu einer markanten Scharte, nach der der Fels besser wird und offensichtlich gute Kletterei verspricht. Nun im festen Fels auf oder leicht rechts der Gratkante zum Gipfel des sogenannten 1. Turmes P.3694. Es folgen einige brüchige und trickreiche Gegenabstiege und kleinere Türme bis zu einer Einschartung, nach der der Fels brüchiger und gräulicher wird. Die logische Linie quert hier offensichtlich nach rechts in die Flanke und umgeht die Gratkletterei. Dieser Linie folgen und erst nach ca 200m vor markanten, senkrecht stehenden Schuppen wieder nach links hoch zum Grat und zum Gipfel des 2.Turmes P.3787, ca 3:30h. Es folgen wieder kleinere Türme und Zwischenabstiege, dann steilt der Grat auf und führt zum Gipfel des 3. Turmes P.3883, ca 1h.
Das letzte Gratdrittel beginnt leichter, steilt aber immer weiter auf, wobei zunächst auch der Fels besser wird. An einem Steilaufschwung aus ungewohnt gutem Fels führt die logische Linie leicht rechts der Gratkante entlang. Man erreicht schließlich den Vorgipfel P.4167 (ca 1h), den man seit Beginn der Tour für den Hauptgipfel gehalten hat und hat zum ersten mal einen Blick auf den letzten Abschnitt.
Es folgen Gratzacken, die alle direkt überklettert werden. Relativ bald kommt eine Zacke mit schlechter Fixschlinge und überhängendem Abstieg, mit einem beherzten Spreizschritt am Ende aber gut lösbar und besser als abseilen! Erst kurz vor dem Gipfel kommt die Schlüsselstelle: Am Fuß des letzten Steilaufschwungs finden sich einige Schlaghaken und ein Fixkeil, hier Stand machen und nun zwei Möglichkeiten: Links, unangenehm aber einfacher durch ein Couloir zum Gipfel. Achtung, nur bei gutem Frost oder Firnauflage verantwortbar, dem unvermeidlichen Steinschlag können weder Vorsteiger noch Sicherer ausweichen! Variante zwei, zuerst rechts an die Kante und wenige Meter an bzw leicht rechts der Kante empor (zwei Schlaghaken, IV+), dann zurück auf die linke Seite über eine Platte mit kleinen Leisten (V+) in eine Verschneidung (dort guter Schlaghaken, bis dahin BD 0,3 und 0,4 sehr nützlich). Unangenehm in der Verschneidung hinauf (schwer absicherbar, VI-), bis man wieder an die Kante gelangt und über ein Band nach rechts queren kann. Gute Standplatzmöglichkeit für BD 0,75, 1 und 2 ca 12m rechts und 10m höher als das Ende der Verschneidung (markanter Riss). Nun einfacher aber brüchig zum Gipfel. (ca 2h vom P.4167)
Vom Gipfel nach Nordwesten und immer nahe der Gratkante entlang zahlreicher Kratzspuren zum Hugisattel bei P.4088. Von hier den Gletscher absteigen bis ca 3600m und nach links zum P.3617 verlassen (Bergschrund, dann Pfadspuren). Den Pfadspuren entlang zum nächsten Gletscher und spaltenreich auf den markanten P.3231 zuhalten. Entlang Steinmännchen zur Finsteraarhornhütte. Auf der Hütte übernachten oder noch ca 300m weiter gehen, Biwakplatzam Pfad nahe der Bachquerung.
Für den Rückweg gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder über die Gemschlicke (bei Firn!) oder den Galmigletscher zum Oberaarjoch und über den Oberaargletscher zum Stausee zurück, 6-9h.
Alternativ über den Fieschergletscher absteigen, dazu unbedingt aktuelle Infos von der überaus freundlichen Wirtin der Finsteraarhornhütte einholen!
Grobe Route: Den Fieschergletscher richtung Wannenhorn überqueren und am orografisch rechten Rand absteigen, bis auf ca 2750-2700m Steinmänner vom Gletscher auf die Gletscherschliffplatten führen, über die man den Gletscherbruch umgeht und das Eis wieder auf ca 2550m betritt. Mittig bis leicht rechts auf dem Gletscher hinab, bis rechterhand ein roter Punkt zu sehen ist. NICHT zum roten Punkt, sondern ca 110m weiter, bis rechts Steinmännchen und schwachgelbe Markierungen auf Felsbänder leiten (Achtung Randspalten). Auf dem Gletscherufer über die Bänder leicht ansteigen und den Steinmännchen und gelben Markierungen folgen, bis Drahtseile und Leitern in den Felskessel bei P.2239 hinableiten. Dort wieder auf den Gletscher und je nach Spaltensituation rechts, links oder auf dem weißen Band hinab bis ca 2000m, wo der Gletscher nun komplett unter Schutt verschwindet. Nun wird der Gletscher zu einer Labyrinthhölle. Wichtig ist, dass man am Gletschermaul auf der orografisch rechten Seite den Gletscher verlässt und am Ufer des Flusses entlang, bis blauweiße Markierungen und Drahtseile Richtung Burghütte führen (NICHT die unmarkierten alten DrahtKLAMMERN hinauf, die bereits ein gutes Stück vorher nach rechts hinaufführen). Die Markierungen enden an einer betonierten Suone, der man bergab folgt, bis man auf einen breiten Fahrweg trifft. Nun den Beschilderungen entlang nach Fieschertal (ca 5-6h).
Von Fieschertal mit Bus, Bahn und Postbus zum Grimselpass (ca 34€) und hoffentlich per Anhalter zum Oberaarsee (Am besten an der Ampel wartende Autofahrer fragen, der Daumen funktioniert in der Schweiz komischerweise nicht so gut). Alternativ eine gute Stunde zu Fuß.
1 x 50 m
Hochtourenausrüstung, Friends BD 0,3-2, mind 5 120cm-Schlingen, Biwakausrüstung
Die Länge ist die Crux. Der Grat hat fast kein Gehgelände, auch wenn es aus der Ferne so wirkt. Die Schwierigkeiten liegen fast immer über II und oft bei III, und das bei einer Kletterstrecke von geschätzt 5000-6000m! Das laufende Seil sollte vertraut sein, daher ist auch die große Anzahl Friends sinnvoll. Später in der Saison muss die rechte Variante der Schlüsselstelle geklettert werden, hier ist der Grad V+ obligatorisch! Das Klettern im brüchigen Fels sollte Freude bereiten.
Bemerkung zu den Versicherungen: Fast kein fixes Material vorhanden, daher müssen fast alle Gegenabstiege abgeklettert werden. Nur in der Schlüsselstelle Schlaghaken vorhanden. Gute Beurteilungsfähigkeit der Felsqualität im Umgang mit Friends zwingend nötig.
Landeskarte Schweiz 1:25000 Blatt 1249, 1250 und 1269
Die Tour ist theoretisch auch von der Oberaarhütte machbar, dann ca 1,5h mehr. Allerdings lässt sich der Einstieg dann nicht am Vortag auskundschaften. Früh in der Saison ist der Rückweg über die Gemschlicke eine gute Option, in dem Fall könnte das Biwakmaterial an der Gemschlicke deponiert werden und nach einer Nacht auf der Finsteraarhornhütte wieder eingesammelt werden.
Die Tour ist sehr lang, in jeder Hinsicht! Sowohl Zu- und Abstieg als auch die Kletterstrecke sind eine eindrückliche Lehrstunde über Entfernungen im Berner Oberland. You have been warned...
21.08.2020
Silvan Metz
Ausgangspunkt / Anfahrt
Vom Grimselpass über die mautfreie, aber einspurige und daher nur 10min pro Stunde befahrbare Oberaarstraße zum Oberaarsee.
Grimselpass - 2165 m
Oberaarsee - 2303 m
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