Deutschland ein Klettersteigland? Spätestens dann, wenn man die Menschenmassen, welche sich an schönen Sommertage durch das Höllental in Richtung Zuspitze stauen sieht, wird einem bewusst, dass Klettersteiggehen in Deutschland als Bergsportart angekommen ist. Es muss aber nicht der höchste Berg Deutschlands sein, um schöne Eisenwege zu machen. Es gibt die Stahlseilrouten sowohl am Alpenrand, als auch im Flachland und sogar im Norden werden vermehrt kleine Klettersteige gebaut. Wir haben uns die Routen genau angeschaut und stellen ein paar der im neuen Klettersteigführer Deutschland sehr ausführlich aufgelisteten Ferratas vor.
Das goldene Gipfelkreuz
Kehren wir noch mal zu Deutschlands höchstem Gipfel der Zugspitze zurück. Sicher kann man durch das Höllental und dort über den etwas heiklen Gletscherrest des Höllentalferners auf Deutschlands bekanntesten Berg steigen - es gibt aber auch eine ruhige und leichtere Alternative! Man beginnt in Österreich und steigt über den sogenannten Stopselzieher (Westweg) im Schwierigkeitsgrad A/B zur Zugspitze auf. Unten eine schöne Wanderung und man kann - bevor es dann steiler wird - noch einmal in der urigen Wiener Neustädter-Hütte rasten. Dann steigt man in einem wilden Felskessel, durch die sogenannte Stopselzieher Höhle - stahlseilgesichert hinauf bis zum Grat. Oben kann man dann, ähnlich wie beim Höllentalanstieg, mit der Tiroler Zugspitzbahn wieder ins Tal schweben.
Wer in der Gegend Garmisch/Ehrwald ist und Zeit hat, sollte sich auch die Klettersteige im Alpspitzgebiet, dort gibt es für Kraftlackl den sogenannten Mauerläufersteig (D/E) und für Genießer die wunderschöne Alpspitz-Ferrata (B), anschauen. Aber auch in der Region Ehrwald gibt es mit den Klettersteigen unterhalb und oberhalb des malerischen Seebensees ein perfektes Klettersteigziel, zwar in Österreich, aber in unmittelbarer Grenznähe, mit Blick auf den Seebensee, in dem das Zugspitzmassv spiegelt. Sowohl am Seebensee-Klettersteig als auch am Klettersteig Tajakante heißt es aber fest zupacken, beide Klettersteige sind mit D/E bewertet.
Mit Eisen gespickte Hügellandschaft
Man muss aber nicht zu den Alpen fahren, um in Deutschland lohnende Klettersteige zu machen. In der Nähe von Nürnberg, ganz unscheinbar, fast komplett vom Wald verborgen, führt entlang der Felsen in der Hersbrucker Alb der Höhenglücksteig. Dort ist es nicht die Höhe (man quert meist ca. 20 Meter über Grund) welche den Reiz dieses Klettersteiges ausmacht. Es ist die geschickte Routenführung entlang steiler Platten, scharfer Ecken, kleinen Höhlen und zwischen Felstürmen hindurch, welche diesen Klettersteigklassiker landesweit bekannt gemacht hat. Ähnlich geht es an dem benachbarten Norissteig zu - auch hier geht man quasi auf Klettersteig-Schnitzeljagd, um von einer schönen Klettersteigpassage zur anderen zu wandern.
Vergleichbares, aber nicht ganz so spektakulär findet man am Oberlandsteig in Kohnstein. Oberhalb des markanten Dohlenfelsens bei Konstein zieht sich dieser einfache Klettersteig den Berghang entlang. Es gibt eine blaue, schwere (mit B/C bewertete) Variante und einen roten, leichten (A) Ferrata-Parcour. Wobei der rote Weg in der Regel als Rückweg genutzt wird, so kommt man auf eine schöne Runde unweit des Donautals. Ein schöner Mix aus Waldlandschaft und Kletterfelsen, mit etwas Glück kann man auch Kletterer am Dohlenfelsen beobachten oder einfach in das breite Tal schauen, in dem vor vielen hunderten Jahren einmal die Donau floss.
Gustostückerl in der Vulkaneifel
Die Vulkaneifel in Reihnland-Pfalz ist vielen nur von Wanderungen (Eifelsteig), Radfahren und von den malerischen und zum Baden idealen Vulkanseen bekannt. Als neues Klettersteig Zentrum in Norddeutschland kann man getrost Manderscheid bezeichnen. Wurde doch mitten im Ort, wunderschön angelegt zwischen Burgen und entlang der Eifel eine richtig gute Ferrata gebaut. In drei Etappen geht man - beziehungsweise klettert man - zuerst entlang des Baches, dann hinauf zur Burg (es heißt ja Burgenklettersteig) und am Ende hinter der mittelalterlichen Turnierweise am Burgfelsen entlang zur großen Hängebrücke, welche das perfekte Finale darstellt.
Der Burgenklettersteig (schwerste Etappen sind D, leichteste C) kann auch in seine Einzelteile zerlegt werden, viele der mit Stahlseil versehenen Felsblöcke können umgangen werden, so kann man sich langsam in der Schwierigkeit steigern. Auch ist der Burgenklettersteig richtig lang und braucht den Vergleich mit gestandenen Alpenklettersteigen (wenn man vom Zu- und Abstieg absieht) überhaupt nicht zu scheuen. Dass diese Eifelferrata erfrischend anders ist, sieht man auch am Rettungswesen, die Aufgaben der Bergwacht übernimmt in Manderscheid die dafür extra trainierte Feuerwehr! Wer in Deutschland wirklich gute Klettersteige machen will, wird um den Manderscheider Burgenklettersteig also nicht herumkommen.
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Elbtal und Dresden
Spricht man über Klettern und Klettersteige in Deutschland, so muss man auch über das Elbsandstein Gebirge reden. Waren es am Anfang die sogenannten Stiegen (die Rübezahlstiege ist eine der bekanntesten), welche ein Mix aus Kletterpassagen und kühn versicherten Passagen sind, zog mit dem Bau der Häntzschelstiege der erste richtige Klettersteig bei den Sandsteintürmen ein. Im Schwierigkeitsgrad B kann man recht unbeschwert inmitten der sandigen Turmlandschaft, sehr gut gesichert bis ganz hinauf klettern und die malerische Aussicht genießen. Ein weiterer moderner Eisenweg ist die sogenannte Schnupperstiege Ochelbaude, auch dort wurde im modernen Klettersteigbau (viele Klammern, dickes Stahlseil) ein schöner, teilweise recht ausgesetzter Anstieg geschaffen.
Wenn man an Sandstein denkt, kommt einem vielleicht auch die Frauenkirche in Dresden in den Sinn. Nur wenige wissen aber, dass es in dieser historischen Metropole auch einen recht guten Klettersteigpark gibt. Im Plauenschen Grund - das ist ein Taleinschnitt im Westen der Stadt - wurde eine große Felswand mit 12 Klettersteigen überzogen. Es gibt dort wirklich alles, von der "Kleinen Eidechse" im Schwierigkeitsgrad B/C bis zum König Carol im höchsten Schwierigkeitsgrad F wird einem dort alles geboten. Die Anlange ist in Privatbesitz und wird liebevoll vom Großneffen von Kurt und Georg Löwinger (die zusammen mit Willy Beck als "Sachsendreier" 1934 den ersten ernsthaften Begehungsversuch der Eiger Nordwand unternahmen) gepflegt. Wenn man die Anlage sieht, weiß man sofort, dass die kleine Nutzungsgebühr auch gut angelegt wird.
Berchtesgaden und Salzburg
Im Südosten des Landes schließt sich unser kleiner Klettersteig Exkurs und wir folgen zum Abschluss dem Ruf des Watzmannes. Die sogenannte Watzmann-Überschreitung, bei welcher man die drei hohen Gipfel des Watzmannstocks überquert, ist neben dem Klettersteig auf die Zugspitzer sicher eines der beliebtesten Ferrata-Ziele Deutschlands. Aber Achtung, man darf sich nicht von der geringen Schwierigkeit (B) blenden lassen, die Tour über die Watzmannspitzen ist wirklich lang! Es ist eine Summe aus langem Zu- und Abstieg und dann am Ende noch vielen unspektakulär erscheinenden, aber am Tagesende doch heiklen leichten Kletterpassgen, die der Schlüssel zum Erfolg sind. Der Normalbürger ist da an die 12 Stunden und mehr unterwegs, am Ende der Riesenrunde glaubt man es kaum, dass Deutschlands bester Skibergsteiger (Anton Platzer, seit 2020 Radprofi im Bora-Hansgrohe Radteam) die Überschreitung in 2:47 Stunden abgelaufen ist.
Man muss aber nicht lange den Berg hinauf wandern, um am Königssee Spaß an Klettersteigen zu haben. Sowohl westlich als östlich des bekanntesten Bergsee Deutschlands haben sich zwei tolle Ferrata-Ziele etabliert. Leute mit Armkraft werden eher nach Westen in Richtung Grünstein laufen, dort hat man die Wahl und kann sich von C bis E die mit Stahlseil sehr gut abgesicherten Anstiege aussuchen. Wer es gemütlicher haben will, fährt mit der Jenner Bahn zur Bergstation und steigt zum nahegelegenen Schützensteig (B) ab. Bei diesem quert man - immer mit tollem Watzmann-Königssee-Blick entlang der Felswand zum kleinen Gipfelkreuz. Den leichten Schützensteig (B) hat man vor kurzem etwas anspruchsvoller verlängert, wer den C/D-Schwierigkeitsgrad klettert, kann mit dem sogenannten Laxersteig sein Klettersteigvergnügen beginnen.
Klettersteiginformation aus erster Hand
Wir - das sind die Jentzsch-Zwillinge und Dieter Wissekal - sind seit vielen Jahren unterwegs, um Klettersteige zu erkunden. Wir haben die Klettersteigtopos, welche wir schon während der Tour als grobe Skizze beginnen und dann am PC zur Perfektion bringen, auf ein sehr hohes Niveau gebracht. Das schätzt nicht nur die große Gemeinschaft der Klettersteiggeher, sondern auch die Erbauer klopfen am Ende der Bauphase bei uns an und wollen, dass wir ihre neue Kreation fachgerecht dokumentieren. Wir haben unsere Arbeit mittlerweile in viele - immer orange - Klettersteigführer verpackt. Auch der "Klettersteigführer Deutschland" ist eines unserer Standardwerke, in dem ein guter Überblick über die Ferratas in Deutschland geboten wird. Seit der Verknüpfung mit unserer Touren-App kann man das immer dickere Guidebuch getrost zu Hause lassen, auch ist man mit der Touren-App (deren Zugang es auch einzeln gibt) immer auf dem neuesten Stand.
Klettersteigführer Deutschland
288 Seiten, Format 15,4 x 22 cm, komplett vierfärbig
mit den beliebten Toposkizzen und dem Touren-App-Zugang
Preis: 32,95 Euro
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