Risse spalten nicht nur Felswände, sondern auch die gesamte Klettergemeinde. In solche, die das Rissklettern lieben und solche, die Rissklettern hassen. Es nur ein bisschen zu mögen – das geht nicht! Einige der eindrucksvollsten Risslinien auf der Welt findet der Rissliebhaber im Süden des US-Bundesstaates Utah – "Fine Jade" ist einer der ganz großen Klassiker in "God’s own country"!
Der Castleton Tower zählt zu den bekanntesten Gipfeln in den gesamten USA und war einer der ersten Wüstentürme, der von Kletterern bestiegen wurde. Am 16. September 1961 standen Layton Kor, ein Pionier des Kletterns in Utah, und Huntly Ingalls als Erste auf dem Castleton Tower, die Route der Erstbesteiger, die "Kor/Ingalls", ist heute einer der ganz grossen Klassiker und wird mit 5.9 bewertet. Ein Jahr später wurde auch "The Priest", der The Rectory nördlich vorgelagerte Felsturm, von Layton Kor erstmals bestiegen – diesmal mit Fred Beckey, einem der ganz Großen des amerikanischen Bergsteigens.
Die Traumlinie
Ein schmaler Pfad führt vom Parkplatz an der Castle Valley Road durch den Wüstenschutt in Richtung der gewaltigen Felsformationen, die aus der Öde der Hochebene in den tiefblauen Wüstenhimmel ragen. Mit jedem Schritt wird die Linie, die die schmale Südwand des gewaltigen Schiffsbugs namens The Rectory durchzieht, deutlicher sichtbar und markanter, und wenn man nach einer Stunde unter dem Einstieg steht, verschlägt es einem schier den Atem: Wie von einem Titanenmesser geschlagen, durchschneidet ein Riss die haltlose Wand – die einzige und logische Linie. Nicht umsonst ist "Fine Jade" der Mega-Klassiker unter den zahllosen Kletterrouten im Sandstein von Utah. Erst im Jahr 1984 wurde diese einzigartige Linie von Chip Chase und Pat Ellingwood erstmals geklettert – und schon nach wenigen Jahren stand "Fine Jade" in der Liste der besten Klettereien Amerikas.
Kein Wunder also, dass Steph Davis, die im benachbarten Moab lebt, Caroline North, ihrem deutschen Gast aus dem Mammut Pro Team, unbedingt "Fine Jade" zeigen möchte. An einem sonnigen aber eiskalten Februarmorgen brechen die beiden erklärten Fans des Risskletterns vom Parkplatz auf, um mit voll bepackten Rucksäcken den einstündigen Fussmarsch zum Fuss von The Rectory zu bewältigen. Caro ist das erste Mal in der Wüste von Utah, und es verschlägt ihr fast den Atem: "'Fine Jade' ist eine wahnsinnig schöne Linie – geniale Risse, die eine vertikale Wand durchschneiden! Ist doch klar, dass man so etwas unbedingt klettern möchte!" So erinnert sie sich später. Und Steph ergänzt: "'Fine Jade' ist eine Route, die man einfach lieben muss! Es ist eine unvergleichlich ästhetische Linie."
Webtipp: Mammut
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