Ich hatte diesen zentralen, steilen Wandbereich schon seit über zehn Jahren im Auge. Nach längerem Recherchieren war mir dann auch klar, dass in diesem Wandteil noch alles jungfräulich ist und so entstand schnell die Idee, einen Versuch zu wagen. Aber irgendwie hat sich nie der richtige Moment ergeben und die Jahre vergingen.
Vor gut sechs Jahren stürzte ein großer Teil Fels ins Tal, genau in diesem von mir geplanten Abschnitt. So war die Motivation wieder schnell verschwunden, nach einigen Jahren hatte sich die Idee aber wieder in meinen Kopf festgesetzt und dieses Mal wollte ich es versuchen. Mit Robert Jasper hatte ich den genialen Seilpartner für dieses alpine Vorhaben gefunden. Leider hatte eine Verletzung Robert so im Griff, dass er schweren Herzens absagen musste und im selben Moment jedoch sein Okay gab, es mit jemanden anderen zu versuchen.
Ich wusste, dass es schwierig sein wird, jemanden so kurzfristig für dieses Projekt zu finden, und so bin ich auf die Idee gekommen, es einfach alleine zu versuchen. Es war mir definitiv klar, dass es ein großes Projekt bzw. Abenteuer wird, auch in einer Seilschaft, geschweige denn jetzt ganz alleine!
Insgesamt brauchte ich sechs Tage, wobei ich bis auf einen Tag immer schon nach Mittag abseilen musste, weil das Wetter so instabil war.
Im grauen Fels ist die Qualität nahezu perfekt. Das Gegenteil ist der gelbe Abschnitt, hier musste ich sehr überlegt und konzentriert vorgehen, da das Risiko sehr hoch war, dass mir ein loser Stein auf das Seil fallen konnte.
Eckdaten der Route Identität
Die Tour ist über 500 m hoch, zur Absicherung verwendete ich Normalhaken und Friends. Die ca.30 verwendeten Haken blieben in der Wand. Die Schwierigkeiten liegen bei 8 und A1. Jetzt möchte ich sie anschließend noch frei klettern. Und somit den Kreis schließen!
Identität deshalb, weil diese Linie für mich das darstellt, was mich als Mensch und als Bergsteiger in den 20 Jahren geprägt hat.
Text: Simon Gietl, simongietl.it
Fotos: Daniel Hug
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