Ein Bericht von Roger Schäli:
In den vergangenen Tagen hatte ich ziemlich viel um die Ohren und konnte das tolle Hochdruckwetter nicht nutzen. Als ich dann vergangenen Montag und Dienstag noch auf der Sportmesse ISPO in München von Termin zu Termin hetzte staute sich in mir eine Energie auf, die ich dann am Mittwoch ausleben musste. Ursprünglich war geplant, dass ich am Mittwoch auch noch auf der Messe sein sollte. Als ich dann mein Anliegen meinem Sponsor Salewa erklärte hatte er für mein Anliegen großes Verständnis, was nicht selbstverständlich ist und ich sehr schätze.
Perfekte Bedingungen
Simon Gietl und ich trafen uns dann am späten Abend in Grindelwald und checken unser Material. Nach einer kurzen Nacht starteten wir am Mittwoch den 9. Februar um 9:00 Uhr am Wandfuß des Eigers. Wir kamen sehr gut voran und erreichten bereits nach 35 Minuten das Stollenloch. Die gute Spur ermöglichte uns ein sehr schnelles Steigen und wir realisierten schnell, dass es im Verhältnis zu unserer Durchsteigung durch die Nordwand am 4. Januar dieses Jahres kein Vergleich war.
Mit einer herrlichen Leichtigkeit
Dass es in der Eiger gute Verhältnisse hat, haben natürlich nicht nur wir realisiert, und wir überholten bis zum Gipfel sechs weitere Seilschaften. Bei der Gelegenheit entschuldige ich mich bei den Seilschaften, für das etwas stürmische Überholen, was nicht immer ganz unproblematisch war.
Wie in Trance kletterte ich mit einer herrlichen Leichtigkeit den brüchigen Riss hoch und dabei realisierte ich ohne die Uhrzeit zu kontrollieren, wow so schnell war ich noch nie in der Eiger unterwegs. So rufe ich dann zu Simon im Götterquergang zu: „Go go go wir sind super unterwegs, heute passt`s!“
Simultaner Summit Push
Den letzten Führungswechsel von Simon und mir gab es dann vor dem Quarzriss. Auf dem Cortibiwak zog ich dann die restlichen 25m Seil hoch und ruf zu Simon, „Seil Fix".
Das Timing ging perfekt auf. Ich konnte ohne weitere Pause die Ausstiegrisse hochklettern und Simon erreichte das fixierte Seil beim Cortibiwak blitzschnell und rechtzeitig um es schnell zu lösen und dies ermöglichte uns ein simultanes Weiterklettern. Zu Beginn des Gipfeleisfeldes löst sich Simon vom hinteren Seilende und so konnten wir beide in unserem eigenen höchstmöglichen Tempo den Summit-Push starten. Auf dem Grat verkürze ich dann die 50m Seil und gemeinsam eilten wir die restlichen Meter zum Gipfel, welchen wir 13:25 erreichten. Außer Atem und völlig durchnässt gönnen wir uns dann die erste richtige Pause. Welch ein Tag , „Ein unvergesslicher Tag an dem alles passte".
Text: Roger Schäli
Der Solo Speed Rekord wird nach wie vor mit 2:47 von Ueli Steck gehalten. Der alte Team-Rekord lag bei 5h 03 min von Ueli Steck und Bruno Schläppi und wurde letzten Herbst aufgestellt.
Mehr Spass und Sicherheit
„Ueli Steck hält nach wie vor den absoluten Speed Rekord von etwas unter 3 Stunden! Jedoch ist eine Begehung im Team sicher zukunftsweisend und mit mehr Spaß verbunden. Den wir beweisen, dass ein gut eingespieltes Team wie Simon Gietl und ich auch sehr schnell sein kann, jedoch mit beträchtlich mehr Sicherheit. Simon und ich haben auch einen gemeinsam abgestimmten Trainingsplan, was offensichtlich Früchte trägt.“ schließt Roger Schäli, der sich bereits in der Türkei auf sein nächstes großes Projekt vorbereitet.
Bergsteigen.at gratuliert zu dieser tollen Leistung!
Routeninfo: Eiger Nordwand
Wandhöhe: 1800 m
Schwierigkeiten: Fels bis V+; Eisfelder 50-55°. Fels meist ungünstig geschichtet und stellenweise brüchig. Die Route gehört immer noch zu den anspruchsvollsten alpinen Klettereien in den Alpen.
Ertbegehung: Anderl Heckmair, Heinrich Harrer, Fritz Kasparek und Ludwig Vörg am 24. Juli 1938
Erste Solo Begehung: Michel Darbellay am 2. und 3. August 1963 (41. Begehung)
Schnellste Solo Begehung: Ueli Steck in 2:47:33 am 13. 2. 2008 (mehr)
Schnellste Team Begehung: Roger Schäli und Simon Gietl am 9.2.2011
ps: Am 10.2. gelang auch Michi Wohlleben und Fritz Miller eine Speed Team Begehung der Wand. Sie überholten 8 Seilschlaften und einen Sologänger und checkten nach 5 Std. 10 Min. am Eigergipfel ein, 3. Platz.
Webtipps
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