Die Datenkraken Google und Facebook stehen immer wieder in der Kritik, unzählige Daten ihrer Nutzer zu sammeln. Dazu zählen auch Standortdaten und Bewegungsprofile. Was der Suchmaschinengigant und das soziale Netzwerk genau mit den Daten machen, ist unklar, erzeugt bei Datenschützern jedoch Unbehagen. Bergsteigen.com hat sich Gedanken darüber gemacht, ob und wie Bergsteiger die für sie zugänglichen Daten nutzen können. Kann man mit Funktionen wie der Suchmöglichkeit des eigenen Handys vielleicht sogar vermisste Bergsteiger finden und damit eventuell Leben retten?
Zu diesem Zweck haben wir uns die Funktionalität unserer Google-Kontos genauer angeschaut und ausprobiert, ob bzw. wie man diese Funktionen sinnvoll zur Suche vermisster Personen nutzen kann. Die unserer Meinung nach für den Zweck der Personensuche sinnvollsten Funktionen sind "Smartphone suchen" und "Standortverlauf". Um es gleich vorweg zu sagen: Ohne eine vertrauenswürdige Person, der man die Zugangsdaten für das eigene Google-Konto anvertraut, geht leider sehr wenig.
Google-Funktion "Smartphone suchen"
Die Funktion "Smartphone suchen" dient vorrangig dazu, verlegte oder gestohlene Handys wiederzufinden. Diese Funktion lässt sich aber auch für die Suche vermisster Bergsteiger verwenden. Nachdem die Suche am PC, einem Tablet oder einem Smartphone gestartet wurde, versucht Google Kontakt zum Smartphone der vermissten Person aufzunehmen. Ist an dieser Stelle Mobilfunkempfang möglich, das Gerät eingeschaltet und die Standortbestimmung aktiviert, wird die Position des Smartphones übertragen, auf GoogleMaps eingezeichnet und zusätzlich die geschätzte Genauigkeit angegeben. Die exakten Koordinaten konnten wir Google nicht entlocken. Hat der vermisste Bergsteiger beispielsweise aus Stromspargründen die Standortbestimmung deaktiviert oder auf Stromsparmodus (Standortbestimmung ohne GPS) gestellt, ist eine Ortung im Gelände nicht oder nur sehr ungenau möglich.
Google-Funktion "Standortverlauf"
Mit der Funktion "Standortverlauf" kann man sich auf einer Zeitachse alle Standortänderungen des Smartphones in Tabellenform (Uhrzeit, Ort usw.) und auf GoogleMaps anzeigen lassen. Laut Google dient die Funktion vor allem zur Bereitstellung nützlicher Informationen wie Verkehrshinweisen für häufig genutzte Pendelstrecken oder bessere Suchergebnisse. Für den Zweck der Personensuche kommt die Funktion dann zur Anwendung, wenn das Smartphone der vermissten Version keinen Kontakt zum Mobilfunknetz mehr hat, sei es durch fehlende Netzabdeckung, leeren Akku oder Zerstörung nach einem Absturz. Den GPS-Track mit den Koordinaten der einzelnen Wegpunkte erhält man über die Funktion "Diesen Tag in KML exportieren".
Bei uns hat das jedoch nur über einen Umweg funktioniert. Der erzeugte Track hat sich weder in Garmin BaseMap, noch in den GPS-Format-Konverter von ASTR Software einlesen lassen. Wir haben dann den Track im Windows Editor geöffnet und die Koordinaten der letzten Wegpunkte manuell ausgelesen. Die Qualität des Standortverlaufs war in unseren Tests sehr unterschiedlich. Während die Koordinaten machmal bis auf wenige Meter genau gepasst haben, passierte es aber auch, dass wirre Punktwolken aufzeichnet wurden oder die erzeugten Wegpunkte viele Kilometer vom tatsächlichen Wegverlauf entfernt lagen. Auch für die Nutzung dieser Funktion ist es unumgänglich, dass am Smartphone die Standortbestimmung auf "Hohe Genauigkeit" (mit GPS) gestellt war.
Facebook-Funktion "Freunde in der Nähe"
Hat man keinen Zugriff auf das Google-Konto einer vermissten Person, kann man über die Funktion "Freunde in der Nähe" von Facebook zumindest grob feststellen, in welchem Gebiet und wann das Smartphone zuletzt aktiv war. Die Genauigkeit beschränkt sich leider auf die ungefähre Entfernung zum Smartphone des Suchenden und eine Ortsangabe. Die Ortsangabe kann ein Bezirksteil oder Dorf sein, aber auch ein Bundesland. Im Gegensatz zu den Google-Funktionen ist "Freunde in der Nähe" nur zur groben Ortsbestimmung geeignet. Diese Funktion muss in der Facebook-App des Suchenden und der gesuchten Person aktiviert sein, damit die Sache funktioniert.
Fazit
Sofern man als Bergsteiger am Smartphone die Standortbestimmung über GPS aktiviert hat, kann man seine Chancen erhöhen, bei Abgängigkeit gefunden zu werden. Hierfür müssen jedoch mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Außerdem muss man sich darüber im Klaren sein, dass die aktivierte GPS-Standortbestimmung am Akku zehrt. Schaltet man aber div. Dienste (Apps) und Funktionen (Wlan, Bluetooth,...) aus, hält der Akku deutlich länger durch! Je kürzer die Tour, desto eher kann man mit dem erhöhten Stromverbrauch der Ortungsfunktion leben. Wir meinen jedoch: Man darf sich von den Funktionen von Google und Co. keine Wunder erwarten. Am besten ist immer noch, nicht alleine in die Berge zu gehen, einer Vertrauensperson das Tourenziel und die geplante Rückkehr zu nennen und sich gewissenhaft in Gipfel-, Steig- und Hüttenbücher einzutragen.
Update - 22. Juni 2017
Am 21. Juni 2017 wurde eine schwerverletzte Person Dank der Funktion "Smartphone suchen" gefunden und gerettet. Die 53-jährige Bergsteigerin war in den Leoganger Steinbergen abgestürzt und konnte nahezu punktgenau geortet werden. Ihr Glück war, dass sie ihren Angehörigen das nötige Passwort vorab gegeben hatte. Webtipp: Artikel auf ORF.at
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