Hermann Buhl nach der Besteigung des Nanga Parbat, Pakistan, 1953.  © Touring Club Italiano / Marka / Universal Images Group via Getty Images Hermann Buhl nach der Besteigung des Nanga Parbat, Pakistan, 1953. © Touring Club Italiano / Marka / Universal Images Group via Getty Images
20 September 2024

Hermann Buhl

Zum 100. Geburtstag eines der besten Berg­steiger der Welt mit zwei von ihm erstbestiegenen Achttausendern

Am 4. Juli 1953 schleppt sich eine Gestalt langsam über den Silbersattel herunter. Es ist Hermann Buhl, schwer gezeichnet vom 41-stündigen Gipfelgang. Am 3. Juli um etwa 19 Uhr hat er, nur noch durch seine außergewöhnliche Willenskraft vorangetrieben, die 1200 Höhenmeter vom letzten Camp bis zur Spitze überwunden und als erster Mensch den 8125 Meter hohen Nanga Parbat bestiegen. Europa feiert Hermann Buhl danach als großen "Bergsteigerstar". Hermann Buhl, der ganz alleine den Nanga Parbat bezwang, wird in Österreich zum Sportler des Jahres gewählt und verdient endlich genug Geld als Bergsteiger.

Am 21. September 1924 wird Hermann Buhl in Innsbruck als jüngstes von vier Geschwistern geboren. Nach Abschluss der Hauptschule begann er eine Lehre zum Speditionskaufmann. 1943 durchlief er eine Ausbildung zum Sanitätssoldaten in St. Johann in Tirol und erlebte den Krieg als Gebirgsjäger in Italien. Im März 1951 heiratete Hermann Buhl Eugenie („Generl“) Högerle aus Ramsau bei Berchtesgaden und wurde im gleichen Jahr Vater der späteren Schriftstellerin Kriemhild Buhl. Es folgten später noch zwei weitere Töchter und der Wechsel seines ersten Wohnsitzes an den Heimatort seiner Frau.

Seine Tätigkeit als Bergführer brachte nicht viel ein. Aus finanziellen Engpässen befreite ihn 1952 eine Anstellung als Bergsportartikel-Verkäufer und Ausrüstungsberater beim Sporthaus Schuster in München.

Wiederholungen und Erstbegehungen in den Alpen

Als Bub wurde ihm nach seinen ersten Kletterversuchen gesagt, er sei zu schmächtig, um ein ordentlicher Bergsteiger zu sein. Doch Hermann Buhl ließ sich nicht von seinem Weg abbringen. Er eröffnete und wiederholte in den Jahren 1942 bis 1957 eine Vielzahl von schweren Routen in den Alpen. Vor Besteigungen im Karakorum ist Buhl durch herausragende Kletterleistungen im Alpenraum in Erscheinung getreten, so 1952 mit der ersten Alleinbegehung der Nordostwand des Piz Badile und 1953 mit der Alleinbegehung der Ostwand des Watzmann im Winter.

Erstbesteigung des Nanga Parbat und Broad Peak

Der bekannteste Gipfelsieg Buhls ist die Erstbesteigung des Nanga Parbat (8125 m) am 3. Juli 1953. Buhl hatte, begünstigt durch einen Wetterumschwung nach einem ersten Monsuneinbruch, zusammen mit Walter Frauenberger, Hans Ertl und Otto Kempter am 2. Juli das Lager V in 6900 m Höhe erreicht, wo er und Kempter die Nacht verbrachten, während die beiden anderen mit den Trägern ins Lager IV abstiegen.

Buhl brach im Alleingang und ohne zusätzlichen Sauerstoff in der Nacht gegen 02:30 Uhr vom Lager V in 6900 m Höhe zum Gipfel auf und erreichte ihn schließlich mit letzter Kraft gegen 19 Uhr. Das Biwak in fast 8000 m Höhe ohne Biwakausrüstung konnte Buhl nur wegen der ungewöhnlich günstigen Witterungsbedingungen überleben. Allerdings erlitt er Erfrierungen an zwei Zehen. Den größten Teil des Abstieges hatte er noch vor sich. Nach 41 Stunden traf er im Zustand äußerster Erschöpfung und extrem dehydriert wieder im Lager V ein.

1999 wurde Buhls am Gipfel zurückgelassener Pickel von einer japanischen Expedition gefunden und seiner Witwe zurückgegeben.

Am 9. Juni 1957 bestieg Buhl zusammen mit Fritz Wintersteller, Kurt Diemberger und Marcus Schmuck als Erster den Broad Peak (8051 m) im Karakorum und setzte damit zugleich einen Markstein in der Entwicklung des Alpinstils an einem Achttausender. Hermann Buhl ist mit Kurt Diemberger einer der weltweit zwei Bergsteiger, die zwei Achttausender erstbestiegen.

Verschollen an der Chogolisa

Am 27. Juni 1957 stürzte Hermann Buhl bei einem Besteigungsversuch der nahe dem Broad Peak befindlichen Chogolisa (7654 m) mit einer Wechte in die Nordwand ab und ist seitdem verschollen.  Hermann Buhl spurt, doch auf ungefähr 7300 Metern müssen sie wegen plötzlichen Schlechtwetters umdrehen. Hinunter gehen sie, ohne angeseilt zu sein. Zuerst Diemberger, dann Buhl, beide achten darauf, nicht zu nahe an den Wechtenrand zu kommen. Auf einmal geht ein Schlag durch die ganze Schneefläche. Kurt Diemberger springt zur Seite, dreht sich um, aber da ist niemand mehr hinter ihm. Er geht zurück, sieht den Wechtenabbruch und die Spur Hermann Buhls bis zur Kante. Der berühmte Bergsteiger muss bis zum Wandfuß abgestürzt und von den Schnee- und Eismassen begraben worden sein. Er wurde nie gefunden.



TV Tipp: Bergwelten-Porträt zum 100. Geburtstag

Anlässlich seines 100. Geburtstages würdigt „Bergwelten“ den Ausnahmeathleten. Alexander Huber, selbst ein großer Bewunderer Buhls, begibt sich auf dessen Spuren: “Für mich ist er ein absoluter Pionier, dessen Leistungen weit über das Vorstellbare hinaus gingen. Ein ganz großes Vorbild, mit dem mich nicht nur der fast gleiche Wohnort, sondern auch viele Bergträume verbinden. Sie haben auch bei Hermann Buhl schon im Kindesalter begonnen.“

Alexander Huber führt zu wichtigen Orten und Stationen in Buhls Leben. Er trifft Menschen, die eng mit Buhl verbunden waren oder sich ihm verbunden fühlen, wie die Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner und den über 90-jährigen Kurt Diemberger, selbst eine Alpin-Legende und einst Bergkamerad Buhls. Im Gespräch erinnert der sich auch an den dramatischen Tod Buhls an der Chogolisa: Nach der erfolgreichen Erstbesteigung des Broad Peak, wollen er und Buhl diesen 7.000er noch “mitnehmen“. Aber kurz vor dem Gipfel zwang ein Wettersturz zur Umkehr. Vermutlich kurzzeitig orientierungslos geriet Buhl zu nahe an den Rand einer Schneewechte. Buhl stürzte in den Tod – und liegt bis heute im ewigen Eis der Berge.

Auf dem Friedhof von Ramsau bei Berchtesgaden, dem Wohnort der Familie, erinnert ein Gedenkstein an Hermann Buhl. Hier beginnt und endet das Porträt. Hier trifft Alexander Huber Buhls älteste Tochter Kriemhilde, die Antwort geben kann auf die Frage, was für ein Mensch dieser große Alpinist eigentlich war.

Das Portrait - Hermann Buhl - Über alle Gipfel hinaus - könnt ihr ab sofort auf Servus-TV streamen.

Auszug aus Hermann Buhls Tourenbuch:

1943 1. Winterbeg. Maukspitze-Westwand "Woll-Woll",VI/A1,400 HM,2231 m, (Wilder Kaiser)

1945 2. Alleinbeg. Martinswand "Auckenthalerriß" ,ca.1200 m, (Karwendel)

1946 1. Beg. Rofanturm-Westkante "Buhl-Girardi-Führe",VI-, 2110 m, (Rofangebirge)

1946 1. Beg. Oberreintalschrofen-Südpfeiler "Buhl-Führe?, VI,400 HM, 2523 m,

(Oberreintal, Wetterstein)

1947 2. Beg. u.1. Gesamtbeg. Lalidererspitze-Direkte Nordwand "Rebitsch-Spiegl",VI/A2,750 HM,2583 m, (Karwendel)

1947 1. Beg. Lamsen-Hüttenturm-Gerade Nordwand,V+/A0,230 HM, 2216 m, (Karwendel)

1947 1. Beg. Lamsen-Hüttenturm-Nordostkante "Gelbe Kante",VI/A3,250 HM, 2216 m, (Karwendel)

1947 1. Beg. Rotwandlspitze-Ostgipfel-Gerade Nordwand "Buhl-Führe",2193 m, (Karwendel)

1947 1. Beg. Speckkarspitze-Nordwesteck-Gerade Westwand "Buhl-Durchschlag",VI-/A0,500 HM,2450 m, (Karwendel)

1947 1 .Beg.  Sagzahn-Ostwand "Buhl-Dachverschneidung",300 HM,2228 m,

(Brandenburger Alpen)

Beg.Erlspitze-Gipfelstürmernadel-Ostwand "Schiendl-Jeitler",2360 m, (Karwendel)

1948 1. Winterbeg. Lalidererspitze-Nordkante "Herzogkante",V-,583 HM,2583 m, (Karwendel)

1948 1. Winterbeg.u. 1. Alleinbeg. Großer Solstein-Nordpfeiler,2540 m, (Karwendel)

1948 1. Winterbeg. Schüsselkarspitze-Direkte Südwand "Aschenbrenner-Rainer" VI/A1,350 HM,2537 m, (Wetterstein)

1948 1. Winterbeg. (Alleinbeg.) Fleischbank-Ostwand "Dülfer", V+,400 HM,2187 m, (Wilder Kaiser)

1948 1 .Winterbeg. Maukspitze-Westwand "Woll-Woll-Führe",VI/A1,400 HM,2231 m, (Wilder Kaiser)

1948 1. Beg.(Winterbeg.) Maukspitze Südwestwand,2231 m, (Wilder Kaiser)

1948 5. Beg. Aiguille de Triolet-Nordwand mit direktem Ausstieg,700 HM,55°, 3870 m,

(Montblancgebiet)

1948 2. Beg. Grands-Charmoz-Direkte Nordwand,3444 m, (Montblancgebiet)

1949  Alleinbeg. Bauernpredigtstuhl-Südwest-Kante "Rittlerkante", V, 2119 m, (Wilder Kaiser)

1949 6. Beg. Furchetta-Südwand-Direkter Ausstieg, V, 3025 m, (Geisler-Gruppe, Dolomiten)

1949 1. Beg. Piz Ciavazes-Südwand "Buhl-Streng Variante",VI-/A1,2828 m, (Sellamassiv)

1949 2.Beg. Aiguille Blanche-Nordwand,55°,4107 m, u. oberer Peutereygrat-Montblanc, 4810 m, (Montblancgebiet)

1949 1. Winterbeg.(Alleinbeg.) Christaturm-Südostkante, (Wilder Kaiser)

1949 1. Winterbeg.(Alleinbeg.) Großer Ochsenkogel-Nordostkante, (Kalkkögel,Stubaier Alpen)

1950.4. Beg.u.1.Winterbeg. Marmolata Punta Penia-Südwestwand "Solda-Conforto Route", VI+/A2,550 HM,3343 m, (Dolomiten)

1950 1. Beg. Cima di Canali-Direkte Westwand "Buhlriß",VI-,600 HM,2897 m, (Pala, Dolomiten)

1951 1. Winterbeg.Schrammacher-Nordwestwand,3411 m, (Zillertaler Alpen)

1951 1. Winterbeg.Fußstein-Nordkante, V+/6-,3380 m, (Zillertaler Alpen)

1951 1. Winterbeg. Großes Mühlsturzhorn-Direkte Südkante,2235 m, (Berchtesgadener Alpen)

1952 1. Alleinbeg. Piz Badile-Nordostwand "Cassin",VI-/A0,900 Hm,3308 m, (Bergell)

1952 8. Beg. Eiger-Nordwand "Heckmair-Route",V,55°,1800 HM,3970 m, (Berner Alpen)

1952 1. Alleinbeg. Cima d?Ambiez-Südostwand "Fox-Stenico",V/A0,300 HM, 3102 m, (Brenta)

1952 1. Alleinbeg. Schüsselkarspitze-Südverschneidung, (Wettersteingebirge)

1952 1. Winterbeg. Brunnenkogel-Westkante, (Ötztaler Alpen)

1953 1. Besteigung (Alleinbesteigung) Nanga Parbat, (Willy Merkl Gedächtnis-Expedition), 8126 m,

(Himalaya, Pakistan)

1953 1. Winteralleinbegehung Watzmann-Ostwand "Salzburger Weg", V, 2713 m, (Berchtesgadener Alpen)

1953 Best. Chongra Peak-Südgipfel,6448 m, (Himalaya, Pakistan)

1953 Beg. Rakhiot Peak-Gipfelnadel,7070 m, (Karakorum, Pakistan)

1954 Alleinbeg. Schärtenspitze-Westgrat,2153 m, (Berchtesgadener Alpen)

1954 Alleinbeg. Hoher Göll-Westwand,2522 m, (Berchtesgadener Alpen)

1955 Alleinbeg. Hoher Zwölfer-Nordkante "Schranzhofer", VI-/A0,700 HM, 3094 m,

(Sextener Dolomiten)

1955 2. Alleinbeg.Fleischbank-Südostverschneidung,2187m, (Wilder Kaiser)

1956 10. Beg. und 1. Alleinbeg. Lalidererspitze-Nordwand-Nordverschneidung "Rebitsch-Lorenz", VI+/A0,800 HM, 2583 m, (Karwendel)

1956 1. Alleinbeg. Lalidererspitze-Nordwand "Auckenthaler-Schmidhuber-Weg", VI, 900 HM, 2583 m, (Karwendel)

1956 2. Alleinbeg. Montblanc du Tacul "Direktes Gervasutti Couloir", bis 55°,800 HM,4248 m, (Montblancgebiet)

1957 Besteigung Braod Peak, 8047 m, (Karakorum, Pakistan/China)

1957 1.  Alleinbeg. Aiguille Dru-Nordwand, 3754 m, (Montblancgebiet)

1957 1. Beg. Langkofel-Campanile Comici-Direkte Nordwand "Buhl-Führe", VI, 2844 m,

(Langkofelgruppe)

1957 Besteigung Chogolisa bis 7250 m, 7654 m, (Karakorum)

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