Zurück von unserer Expedition in China, brechen Vittorio Messini und ich zu unserem neuen Bergerlebnis auf. Am 25. November 2014 starten wir in den ersten Morgenstunden in das Gelltal, welches bei Rein in Taufers befindet. Dem Lichtkegel unserer Stirnlampen folgend redeten und lachten wir noch über das Erlebte in China, wo wir gemeinsam mit Daniel Tavernini den Tirol Shan erstbestiegen.
Nach 2,5 Stunden standen wir schließlich vor der Wasserkopf-Nordwand, unserem neuen Projekt. Unsere Idee war es, dort eine neue Linie zu klettern. Um 8:00 Uhr waren wir startklar. In den ersten drei Seillängen ging es gleich richtig zur Sache. „Wenn die Kletterei sich so fortsetzt, weiß ich nicht weiter!“, meinte Vito.
Wir sahen, dass uns nur noch 20 Meter von der Rinne, die wir schon am Einstieg ins Visier genommen hatten, trennten. Die ersten drei Meter waren schwierig einzusehen und ich hatte mit meinen Steigeisen keinen sonderlich guten Stand. Nur meine Pickel schienen einen besseren Halt wie anfänglich angenommen zu haben. Als ich jedoch mit dem Pickel abrutschte empfahl ich Vito etwas auszuweichen, da ich genau über ihm stand und um jeden Zentimeter kämpfe. Als hätte ich es geahnt fiel ich 5 Sekunden später neben ihn in den Schnee und dachte mir nur „good morning“. Sofort war ich völlig wach und stieg gleich nochmals das erste Stück hoch und diesmal klappte es.
Eine Schneerinne führte uns an das erste Schneefeld, welches wir nach rechts zum oberen Rand querten. Nach einer kleinen Pause stieg Vito vor. Viel einfacher war das Gelände an dieser Stelle auch nicht, aber mein Seilpartner lies keine Zweifel aufkommen und stieg sicher voraus. Immer wieder schauten wir das Wandbild an, in welches wir unsere geplante Linie eingezeichnet hatten um die Orientierung in der Wand nicht zu verlieren.
Kurz nach 13:00 Uhr erreichten wir den oberen Rand des zweiten Schneefelds. Dort gönnten wir uns noch einen Riegel und einen Schluck Wasser bevor es dann nochmals steiler wurde. Die Felsqualität änderte sich und äußerste Vorsicht beim Klettern war erforderlich, da der Fels sehr brüchig war. „Vito Stond, konnsch kem“! schrie ich mit einer Freude zu meinen Seilpartner hinunter, welcher nachstieg und sich über die Bedingungen beim Stand erkundigte: “Bravo guit gemocht und wie schaugs aus do obm?“ Ich antwortete voller Zuversicht: „Danke, woll woll do wermo schun augn kem“. Drei Seillängen später standen wir auf dem Grat. Über leichtes Gelände gelangten wir zum höchsten Punkt, wo wir uns mit einem „Berg Heil!“ beglückwünschten. Die Freude war groß.
Über den Normalweg stiegen wir schnell ab und konnten um 18:30 auf unsere neue Tour anstoßen.
Text: Simon Gietl
Routeninformationen
Route: Hakuna Matata, Wasserkopf Nordwand (Rieserferner Gruppe)
Erstbegeher: Vittorio Messini und Simon Gietl, November 2014
Schwierigkeit: V , M6, 650m, der Fels ist bis zum zweiten Schneeband gut, der letzte Teil etwas brüchig, nur bei kalten Temperaturen ratsam.
Anfahrt: Von Bruneck folgend über dir Ahrntaler Staatsstraße bis nach Sand in Taufers, dort nach Rein in Taufers abzweigen. Parkmöglichkeit 2 km vor der Ortschaft Rein (Parkplatz Rieserfernerhütte)
Zustieg: Dem Wanderweg Nr. 3 ins Gelltal folgen (in Richtung Riesenfernerhütte), weiter bis zur Inneren Gelltaler Alm (2070m). Von hier weglos zum gut sichtbaren Wandfuß hochsteigen. Zeitbedarf 2-3 Stunden.
Einstieg: Befindet sich ca. 150 m rechts von der markanten Einstiegsrampe der Route „Kammerlander-Beikircher“ am Fuße einer seichten Rampe, die nach links führt.
Abstieg: Über den Normalweg (UIAA II) bis in die Scharte zwischen Wasserkopf und Morgenkofel. Von dieser über den Gelltaler Gletscher zurück nach Rein
Material: 2- 3 kurze Eisschreiben, komplettes Sortiment an Friends und evt. ein kleines Hakensortiment. Die Erstbegeher beließen 7 Haken
Kletterzeit: 8-10 Stunden
Weitere Touren an der Wasserkopf Nordwand (siehe Topo bei Bildern):
“Hydrocephalus“, 650 Hm V, TD M5, EB Ulrich Viertler, Raffaele Sebastiani & Alexander Mayer am 25.4.2013
"Wassermann" 650m, M6, WI 4, EB Veit Bertagnolli und Roland Marth am 05.04.2014
Kammerlander/Beikircher, EB: Hans Kammerlander und Werner Beikircher 1977
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