Handylademöglichkeit im Furtschaglhaus in den Zillertaler Alpen Handylademöglichkeit im Furtschaglhaus in den Zillertaler Alpen
11 Oktober 2017

Gebühr fürs Handyladen auf Hütten - legitim oder Abzocke?

Auf manchen Hütten wird fürs Handyaufladen von Hüttengästen 2 Euro verlangt, die Stromkosten dafür liegen aber bei 4-5 Cent

Smartphones - die "Schweizermesser" von heute

In den letzten Jahren sind die meisten Bergsteiger von "normalen" Handys auf Smartphones umgestiegen. Kein Wunder, sind Smartphones für Bergsteiger heute ungefähr das, was das Schweizer Taschenmesser für den Serienhelden MacGyver in den 80er-Jahren war. Eine Unzahl an sinnvollen Apps von topografischer Navigation über Apps für das Bestimmen von Gipfeln bis zu Tools zum Messen von Neigungswinkeln ergibt nahezu unendlich viele Nutzungsmöglichkeiten der mobilen Tausendsassas. Statt wie früher auf Papier (Topo oder Karte) ist die Toureninfomation heute bei vielen Bergsteigern im Smartphonspeicher abgelegt. Eine für die Sicherheit besonders wichtige Funktion ist die Möglichkeit, vermisste Personen über deren Smartphone zu orten (siehe dazu unseren Artikel "Mit Google vermisste Bergsteiger suchen").

Die Krux mit der Akkulaufzeit

Leider verlangen all die tollen Apps ihren Anteil an der Akkukapazität der Smartphones. Diese ist zwar in den letzten Jahren laufend gewachsen, aber größere Displays, stärkere Prozessoren und eben die intensivere Nutzung der Geräte führen letztendlich dazu, dass kaum ein Smartphone-Nutzer länger als zwei Tage ohne Nachladen auskommt. In der Zivilisation ist das ja alles kein Problem, denn die nächste Steckdose ist meistens nicht weit.

Engpasssituation Gebirge

Ganz anders sieht es aber im Gebirge aus. Dort kommt noch erschwerend hinzu, dass die Geräte bei den dort oft vorherrschenden schlechten Empfangsverhältnissen deutlich mehr Strom brauchen als im Tal. Da die einzige Infrastruktur im Gebirge meist die Hütten alpiner Vereine sind, laden viele Bergsteiger dort ihre Smartphones. Und nicht nur die, denn auch Smartwatches, Kameras, GPS-Geräte und mittlerweile immer öfter auch E-Mountainbikes wollen mit Strom versorgt werden. Bergsteiger, die beim Eintreffen in der Hütte nicht zuerst um ein erfrischendes Bier bitten, sondern wissen wollen, wo die nächste Steckdose ist, sind keine Seltenheit mehr.

Manchen Hüttenwirten ist das nun zu viel geworden: Sie haben eine Gebühr (meist zwei Euro je Ladevorgang) für das Laden der Smartphones eingeführt.

Stromversorgung alpiner Schutzhütten

Bei unseren Recherchetouren hat das vor allem Alpenvereinshütten in den oberösterreichischen Kalkalpen (Totes Gebirge und Salzkammergutberge) betroffen. Diese Gebirgszüge sind oft kompliziert gegliedert, was die Stromversorgung der Hütten über Leitungen aus dem Tal erschwert. Durch den Karst gibt es kein fließendes Oberflächenwasser, sodass die Wasserkraft als Energiequelle ebenfalls ausscheidet. Meist muss daher auf die Stromversorgung durch unzuverlässige Sonnenenergie (schließlich gibt es auch tagelanges Schlechtwetter) oder mittels teurer und stinkender Generatoren mit Verbrennungsmotor zurückgegriffen werden. Laut Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartographie des Österreichischen Alpenvereins, kostet auf Hütten eine Kilowattstunde Strom vier Euro, ist also um ein vielfaches teurer als im Tal, wo eine Kilowattstunde etwa 22 Cent kostet.

Wieviel Strom braucht eine Smartphoneladung?

Ist die Ladegebühr von zwei Euro also gerechtfertigt? Sicher nicht, denn ein durchschnittliches Smartphone (2000 mAh Akkukapazität) verbraucht bei täglicher vollständiger Ladung etwa 4 kWh Strom im Jahr. Die Verlustleistung des Netzteils und der nur etwa 70 %ige Wirkungsgrad des Akkus sind darin schon berücksichtigt. Eine vollständige Ladung eines Smartphones benötigt demnach 0,011 kWh Strom. Selbst bei dem vom Alpenverein genannten Hütten-Strompreis von vier Euro je kWh würde eine Vollladung daher lediglich 4 bis 5 Cent kosten. Das erinnert ein Bisschen an das kleine Glas Leitungswasser, für welches in manchen Gasthäusern mittlerweile ein Euro bezahlt werden muss. Im Gegensatz zum Wasserglas, welches nach der Verwendung gespült werden muss und dem Gastronomen neben dem Wasserpreis somit weitere Kosten entstehen, hält sich die Abnutzung der Steckdose beim Laden des Smartphones in engen Grenzen.

Vorgaben des Alpenvereins

Auf Nachfrage haben wir vom Alpenverein folgende Stellungnahme bekommen: "Im Alpenverein gibt es (zumindest bis jetzt) zu diesem Thema keine Gesetze und auch keine Empfehlungen. Jede Hütte ist (auch von den Möglichkeiten) anders. Grundsätzlich regeln das die Sektionen und/oder Wirtsleute selbst – manche mit mehr, andere mit weniger Geschick und Gefühl!" Glücklicherweise ist die Anzahl jener Hüttenwirte, die fürs Aufladen des Smartphones eine Gebühr verlagen, (noch) überschaubar. Manche Hüttenwirte, wie beispielsweise jener der Kleinarler Hütte in den Radstädter Tauern, bieten - trotz Strommangel - eigene Solarladestationen für Handys und sogar E-Bikes und gehen somit mit gutem Beispiel voran.

Alternativen zur "Stromquelle Hütte"

Die Nutzung der Sonnenenergie bietet sich insbesondere für Bergsteiger an, die mehrere Tage unterwegs sind und nicht auf den Goodwill von Hüttenwirten angewiesen sein wollen. Mittels eines kleinen, faltbaren Solarpaneels kann man das Smartphone bei jeder sonnigen Rast ein Bisschen nachladen. Alternativ bieten sich auch Powerbanken (mobile Zusatzakkus) an, die jedoch oft recht schwer sind. Bei manchen Smartphones lässt sich der Akku tauschen, wodurch der Einsatz eines Reserveakkus ermöglicht wird. Wer sein Smartphone nur bei Bedarf einschaltet, spart zwar viel Strom, bringt sich aber um die Möglichkeit, im Notfall geortet werden zu können. Sinnvoll ist aber jedenfalls die Reduktion der Displayhelligkeit und das Ausschalten wirklich nicht benötigter Funktionen, wie WLAN.

Meinung von Bergsteigen.com

Die Redaktion von Bergsteigen.com ist der Meinung, dass die Lademöglichkeit für Smartphones auf alpinen Schutzhütten zur Sicherheit beim Bergsteigen beiträgt und daher zumindest für konsumierende Gäste von den Hüttenwirten kostenlos angeboten werden sollte. Der Stromverbrauch ist minimal und sollte trotz der Knappheit in der alpinen Inselsituation "Schutzhütte" verkraftbar sein. Und wenn einmal wirklich akute Stromknappheit herrscht, haben gerade Bergsteiger sicher Verständnis dafür, wenn in dieser Situation ein Laden nicht möglich ist. Kleiner Tipp für Hüttenwirte, die bereits fürs Handyladen Geld einheben: Wie wäre es, anstelle eine fixe Ladegebühr zu verlangen, eine kleine Spendenbox aufzustellen und die Gäste darauf hinzuweisen, dass der Strom - gerade auf alpinen Schutzhütten - eben nicht einfach aus der Steckdose kommt? Das wirkt doch gleich viel symphatischer. ; - )

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