Vitto und Jojo am Nameless Tower Vitto und Jojo am Nameless Tower
24 August 2016

Erfolgreiche Expedition zu den Trango Towers

Vittorio Messini und Johannes Steidl gelingt bei einer 6-wöchigen Expedition in Pakistan die Erstbegehung zwei neuer Routen....

Zahlreiche Bergsteiger träumen davon einmal in ihrem Leben auf einer freistehenden Granitnadel gestanden zu haben, weniger davon, dass sich diese im höchsten Gebirge der Erde befinden soll. Genau diesen Taum, eine freistehende Felsnadel im Himalya zu besteigen, konnten sich in diesem Sommer Johannes „Jojo“ Steidl aus Hall in Tirol und der Kalser Bergführer Vittorio „Vitto“ Messini erfüllen. 

Nach einer langen Zeit der Vorbereitung und Planung, in welcher sich ihre Expititionsgruppe von ursprünglich 5 Alpinisten auf 2 reduzierte, ging es im Juni für Jojo und Vitto nach Pakistan. Obwohl bereits die Anreise etwas beunruhigend (einige Tage vor Beginn der Reise gab es den Bombenanschlag am Flughafen in Istanbul wo sie umsteigen mussten) und schleppend verlief (in Pakistan endete gerade der Ramadan und die Ferien begannen). Erst unweit der Stadt Skardu nahmen die Massen der Touristen wieder ab und erst durch einen ersten Blick auf den Nanga Parbat wurde Jojo und Vitto wieder voll bewusst, warum sie dort waren...

Nach ein paar Tagen Aufenthalt in Skardu, in denen ihr Koch und Begleiter Shukur noch ein paar Erledingungen machte, ging es in einem kleinen Jeep in das Tal hinein, aus dem Massen an Schmelzwasser des Baltorogletschers strömten. Auf abenteuerlichen Straße ging es hinauf in das Bergdorf Askoli, das der Ausgangspunkt für die meisten Unternehmungen im Baltoro Tal ist. 

Ein Großteil der männlichen Bevölkerung verdient ihren Lebensunterhalt damit, dass sie die Lasten der Expeditionen bis in die Basecamps tragen und auch in diesem Fall wurden Träger und Maultiere organisiert, um das Material in das Basecamp zu transportieren. 

Nach einem dreitägigen Fußmarsch konnten sie einen ersten Blick auf den eindrucksvollen Granitriesen werfen und immer noch beeindruckt von dessen Erscheinung erreichten die das Basecamp mit dem See, wo sie Kollegen aus Tschechien und der Schweiz begrüßen konnten, die bereits eine Woche vorher angekommen waren. 

Nachdem Vitto und Jojo sich von ihren Trägern verabschiedet hatten, begannen sie mit dem Aufbau der Zelte und dem Sortieren des Materials, wobei sie immer wieder erfürchtige Blicke auf die umliegenden Granitwände werfen mussten, von denen alle über 500 m hoch sind und teilweise einen Eispilz auf dem Gipfel haben. Um es nicht nur bei erfürchtigen Blicken zu belassen, kletterten sie am Tag nach ihrer Ankunft gleich die Route "Sadu Maso" (6c, 450 m) am "Sadu Peak", die sie jedoch wegen einsetzenden Regens nicht bis ganz oben hin klettern konnten. 

Nach einem verregneten Rasttag beschlossen sie das besser werdende Wetter zu nützen und eine Akklimatisierungstour zu starten. Diese führte die beiden Alpinisten an den "Little Tower", einen ca. 5400 Meter hohen Turm neben dem Trango bzw. Nameless Tower. 

Nach einer Nacht im ABC folgten sie einer Rinne für einige hundert Meter und verliesen diese dann bei einer großen, nach rechts ziehenden Rampe. Da einige Stufen vereist waren, benötigten sie Steigeisen und Pickel und obwohl die Kletterei nicht zu schwierig war, merkten sie doch, wie sich die Höhe auf sie auswirkte. Als sie die Schneide erreichten, wo die mehr oder weniger einzige Route („PM Wall“, 5.10+, 250m) auf den „Little Trango“ startet, stand die Wand zwar schon voll in der Sonne, doch die Risse waren vereist und es es lief überall das Wasser hinunter. Sie entschieden sich etwas weiter oben bei der kleinen Scharte östlich davon einzusteigen, da es dort etwas leichter aussah. Nach einer leichten Rampe und einer ungewollten Technolänge befanden sie sich wieder in der Originaltour. Es folgten drei Kamin- bzw. Offwidthlängen, die mit dem frischen Schnee und Eis alle Tricks von ihnen abverlangte, um überhaupt hinaufzukommen. Die letzen zwei Seillängen waren dann zum Glück schneefrei und ein richtiger Genuß zu klettern - nach einem letzten „drübermanteln“ erreichten sie ihren ersten pakistanischen Gipfel - im Osten der Great Trango, im Westen der Trango Tower und die Sicht reichte weit bis zu den großen 8000ern - besser konnte der 1. Gipfel nicht sein! 

Die zweite Akklimatisierungstour führte das Team auf den 6250 m hohen Great Trango. Sie brachen früh auf und gingen den gleichen Weg wie am Vortag bishinauf zur Schneide. Sie folgen bei optimalen Bedingungen einer steilen Rinne in Richtung Hängegletscher. Nach oben hin waren immer wieder steile Passagen zu überwinden und auch der Gletscher wurde anspruchsvoller zu lesen. Der Trittschnee wurde mehr zum Pulverschnee bzw. Bruchharsch und das Spur treten immer anstrengender. Nach 6 Stunden Gehzeit konnten sie dann aber doch den kleinen überwechteten Schneegipfel des „Great Trango“ erreichen. 

Da am folgenden Tag wieder ein "Sauwetter" herrschte, nützen sie die Zeit, um sich auf ihren Versuch am Trango Tower vorzubereiten. Die von den weltbekannten deutschen Kletterern Wolfgang Güllich, Kurt Albert und Gef. im Jahre 1989 eröffnete Route „Eternal Flame“ sollte ihr Ziel sein. Diese Route führt durch die 700 m hohe Südostwand des ca. 6200 m hohen „Trango Tower“, ist DER Klassiker im pakistanischen Karakorum und zählt vermutlich die meisten Wiederholungen. Obwohl die Freikletter - Schwierigkeiten für diese Höhe sehr hoch sind (7c+) kann diese Route mit relativ moderaten Schwierigkeiten auch technisch geklettert werden (ca. C1+).

Am nächsten Tag stiegen Vitto und Jojo mit zwei schweren Haulbaugs zur Scharte zwischen Little Trango und Trango Tower auf, denn um überhaupt zum Einstieg der „Flame“ zu gelangen, muss der Sockel (300 m, 7a) überwunden werden. Dort merkt man bereits, dass mehr Leute unterwegs waren als am Little und am Great Trango. Überall Fixseilreste aus vorhergehenden Seilschaften, die einem den Weg im unteren Teil weisen. An diesem Tag war nicht das Klettern das Anstrengende für die beiden, sondern das "Haulen", das Nachziehen der Materialsäcke. Am Nachmittag erreichen sie die sogenannte „Sonnenterrasse“, wo sie ihr kleines Zelt endlich aufstellen durften und das schwere Gepäck nicht mehr durch die Wand schleppen mussten - ihr Plan für die "Flame" war durch einen Mix aus technischer und freier Kletterei an einem Tag durchzukommen.

Nach einer kurzen Nacht starteten die beiden, blockten den Vorstieg und wechseln sich alle 5 Seillängen ab, wobei der Zweite mit den Jümars schnell nachstieg. Die Kletterei war großrtig, denn eine Handrisslänge folgt der Nächsten, das was sich jedes Risskletterherz wünscht! Obwohl ein paar gefinkelte oder vereiste Stellen sie einiges an Zeit kosteten, kamen sie langsam immer höher. Manchmal klemmten die Risse perfekt, doch nach vier oder fünf Zügen mussten sie doch immer wieder rasten. Spätestens bei den letzen zwei schwierigen Längen, die in Freikletterei den neunten Grand entsprechen würden, zogen sie vor den Huberbrüdern den Hut, die vor einigen Jahren die Route komplett Rotpunkt klettern konnten. Bevor es flach wurde, trafen sie die Schweizer, die bereits mit dem Abseilen begonnen hatten. Nach einigen Längen „klassischer“ Gratkletterei standen dann auch Jojo und Vitto, nach 14 Stunden Kletterei (2/3 der Route (ca. 7a C1+ M5) konnten sie frei klettern), bei Sonnenuntergang am Gipfel des „Trango Tower“. Nach nur 9 Tagen im Base Camp ihr dritter Gipfel – besser konnte es für sie nicht laufen!

Nach drei Tagen im Basecamp brachen sie erneut auf - ihr Ziel war dieses Mal eine 350 - 500 m hohe, mit Rissen durchzogene Wand, die „Uli Biaho Gallery“. An der linken Kante konnte im Jahr 2013 ihr Freund Jakob Schweighofer mit seinem Kollegen Florian Derting die Route „Nilam Nejang“ eröffnen. Ca. 100 Meter weiter links oben wollten auch sie ihr Glück versuchen. Obwohl sie Spuren von anderen Kletterern fanden, konnten sie in zwei Tagen eine fast gänzlich eigenständige Linie eröffnen. Die Route „Mountain Medicine“ (6c C2, 400 m) führt anfänglich über mittelschweres Gelände nach rechts raus, dann über schmale Risse, die leider nur zum Teil freikletterbar waren, zu einigen fantastischen Finger- und Handrisslängen und schließlich über den Ostpfeiler auf den Gipfel. 

Da das Wetter für die nächsten Tage gut sein sollte und ihr Aufenthalt an den Trango Towers erst zur Hälfe um war, wollten sie ihr Glük auch noch am „Uli Biaho“ (ca. 6100 m) versuchen. Nach einem gar nicht so einfachen Zustieg begann der Aufstieg über eine nicht zu enden wollende Rinne. Erst im oberen Teil konnten sie einen Blick auf die eigentliche Aufstiegsroute werfen, die gar nicht so steil wirkte, wie die Route auf den Nameless Tower. Nach einer anfänglichen Euphorie machten sich die Höhe und die schweren Rucksäcke langsam bemerkbar... Am Ende der Flanke muss eine kleine Wächte überwunden werden und dann... dann sind „nur“ noch zwei Seillängen Querung im ca. 60° steilen Blankeis zu bewältigen. Nach einigen hundert Metern errichteten sie letztendlich ihr neues „ABC“ und funkten zum Koch hinunter, dass alles gut ist. Nach dem Abendessen sahen sie sich noch die Route für den nächsten Tag an, die genau über ihnen zum Gipfel führte. Nach einer benahe schlaflosen Nacht fiel ihenen bereits der kurze Eishang zum Einstieg der Route „Speck“ (700m, 6b A0) schwer und auch das Wetter war bei weitem nicht so warm wie am Nameless. Nach einigen Seillängen unangenehmer Kletterei ging Jojo mit einem Block ein paar Meter ab und die Tagline wurde um einiges verkürzt - die beiden waren kurz davor umzudrehen. Doch dann kam doch noch die Sonne zum Vorschein und ihre Gemüter tauten langsam wieder auf. Zwei Seillängen später sahen sie, dass sie zu weit rechts waren und sich in der „Giordani Route“ befanden... Sie seilten sich 60 m ab und am vorletzten Stand besprechen sie noch einmal die Lage, da auch das Wetter nicht hielt, was es versprach. Sie entschlossen sich schlussendlich dazu umzudrehen - ca. 200 m unter dem Gipfel des Uli Biaho. 

Doch kein Rasttag verging ohne an das nächste Projekt zu denken und so dauerte es nicht lange, bis sie wieder am Fuße der Uli Biaho Gallery standen. Eine Risslinie, die den gleichen Einstieg hat wie die „Nilam Nejang“ und dann nach links abzweigt, ist ihnen bereits bei der letzten Erstbegehung ins Auge gestochen. Eine grandiose Risslänge folgte in der „Sandwasser & Kasnudeln“ (7a+, 400m) der anderen und zum Schluss hin wurde es immer steiler und sie gelangten zu zwei Nameless-like „steep hands“ - Seillängen, die kaum besser sein konnten - ein wirklich krönender Freikletterabschluss in einer einzigartigen Bergkulisse!

Sponsoren: Adidas Outdoor, Bergshop.com, Carinthia, Hervis Sports, AustriAlpin, Travellunch, Ortovox, Edelrid, Adidas Eyewear, Arc'teryx;



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