Der Stand vor der Schlüsselseillänge Der Stand vor der Schlüsselseillänge
02 September 2008

Ein „waffenloses“ Solo

Reinhard Hones gelingt die wohl erste Solobegehung von „Waffenlos“ (9-) an der Cima Scotoni…

Reinhard Hones gelingt die wohl erste Solobegehung von „Waffenlos“ (9-) an der Cima Scotoni

Eine „richtig alpine“ Unternehmung

Nachdem ich diesen Sommer bereits anspruchsvolle Routen wie das „Phantom der Zinne“ (gr. Zinne), „Alpenliebe“ (westl. Zinne) oder „Moderne Zeiten“ (Marmolada SW) wiederholt hatte, fühlte ich mich reif für eine „richtig alpine“ Unternehmung.

Dabei schwebten mir die extremen Touren der Cima Scotoni, etwa der „Zauberlehrling“ von Christoph Hainz oder die Route „Waffenlos“ von Helmut Gargitter und C. Obrist, im Kopf.

Kein Partner da, also Solo durch die Wand

Nach längerer vergeblicher Suche nach einem geeigneten und motivierten Partner keimte irgendwann der Gedanke einer Solobegehung in mir auf.

Da ich vorher noch nie solo geklettert war, schien mir die Begehung des Zauberlehrlings in diesem Stil nicht realisierbar.

Doch die Route „Waffenlos“ in der selben Wand, die etwas kürzer ist und ein par schwere Seillängen weniger hat, als die benachbarte Hainz-Route, dafür aber gleich anspruchsvoll mit nur wenigen Normalhaken abgesichert ist, schien mir durchaus einen Versuch im Solo wert zu sein.

Ein präpariertes Gri-Gri und los geht’s

Also besorgte ich mir kurzerhand ein präpariertes Gri-Gri zum Soloklettern, übte die Technik kurz im Klettergarten ein und stieg schließlich am Freitag, den 29.08. um 14.00Uhr zum Lagazuoisee direkt unter die Wand auf.

Da ich keine Ahnung hatte wie schnell ich im Solo vorankommen würde, plante ich von vornherein ein Biwak nach der siebten Seillänge auf dem ersten Band ein, da der nächste Biwakplatz erst nach der 13. Seillänge kommt und ich keine Übernachtung im Hängestand riskieren wollte.

Um Zeit zu sparen, beschloss ich noch am Freitagnachmittag die ersten beiden Seillängen zu fixieren. Bereits hier merkte ich, dass die Aktion kein Spaß werden würde. Denn die erste Seillänge, mit 8- bewertet und nur einem Haken als Zwischensicherung, kann nicht gerade als gut gesichert bezeichnet werden.

So verbrachte ich also die Nacht am Lagazuoisee und stieg am 30.08. beim ersten Licht in die Wand ein. Die weiteren Seillängen zeigten sich ebenfalls mit äußerst spärlicher Absicherung. Ich musste zum Teil Haken schlagen, da die alten locker waren und an den Standplätzen musste ich oft einiges basteln, damit ich eine zuverlässige Sicherung hatte.

Bereits um 12.00 Uhr erreichte ich schon das erste Band. Doch ich hielt an meinem Plan fest, fixierte noch die nächsten zwei Seillängen und verbrachte den restlichen Nachmittag beim Chillen in der Sonne, um neue Energie für den nächsten Tag zu sammeln.

Am 31.08. stieg ich wieder beim ersten Licht am fixierten Seil auf. Der Fels wurde zunehmend brüchiger und nach einer anspruchsvollen 8ter- Länge erwartete mich die Schlüsselseillänge der Route. Der mäßig gute Standplatz ließ sich kaum verbessern und die 35 Meter durchgehend schwere 9- mit vier Haken als Zwischensicherung ließ eh keinen Sturz zu und verlangte höchste Konzentration.

“Kräftiges Zupacken“ bei schlechter Sicherung

Doch ich konnte mich gut beherrschen und erreichte bereits um 11.45 Uhr das zweite Band. Nun waren es nur noch drei Seillängen, die mich vom Gipfel trennten. Darunter eine 7+, die noch einmal „kräftiges Zupacken“ bei schlechter Sicherung verlangte.

Um ca. 14.30 Uhr erreichte ich reichlich erschöpft den Gipfel der Cima Scotoni und war bald wieder auf dem Wanderweg, der mich direkt zurück zum Einstieg führte.

Nachdem ich der Wand zwei Tage lang „waffenlos“ ausgeliefert war, fiel nun jede psychische Belastung von mir und ich freute mich, dass die vermutlich erste Solobegehung dieser äußerst anspruchsvollen Route mir gehört.

Technik mit dem Gri-Gri funktioniert folgendermaßen (wir haben Reini Hones nach der von ihm verwendeten Sicherungs-Technik gefragt):

Man klettert mit einem Einfachseil und fixiert ein Ende am Stand. Man trägt das Gri-Gri verkehrt herum am Gurt und lässt das Seil vom Stand von unten reinlaufen und oben raus zum losen Seilende. Dazu muss die in dem Fall untere Seite des Gri-Gris aufgefräßt werden, damit das Seil gerade herauslaufen kann.

So kann man dann ganz normal im Vorstieg klettern und die Zwischensicherungen einhängen. Das Gri-Gri macht dann zu, wenn das Seil von oben kommt. Also etwa bei einem Sturz, denn da kommt das Seil von oben, weil man dann unter der letzten Sicherung hängt.

Natürlich muss auch bei dieser Soloklettertechnik jede Seillänge zweimal geklettert werden, um den unteren Stand wieder abzubauen und die Zwischensicherungen einzusammeln.

Diese Technik ist jedoch nicht 100% sicher und keinesfalls mit einer Partnersicherung zu vergleichen. Eine Gefahr ist zum Beispiel, dass bei einem Überkopfsturz sich das System verdrehen kann und das Seil wahrscheinlich durch dass Gri-Gri durchrauscht. Darum sollte man nach einigen Metern immer einen Knoten im Seil haben.

Soloklettern mit Gri-Gri ist deshalb nur für erfahrene Kletterer und auf keinen Fall für Anfänger geeignet. Also nicht weiterempfehlen!

Eine genaue Beschreibung der Technik gibt es auch auf der Seite von Ulrich Prinz: Self-made or Improved

Quelle: Reinhard Hones



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