Verbindung zweier Bandschlingen mit einem Ankerstich Verbindung zweier Bandschlingen mit einem Ankerstich
14 März 2007

Dyneema-Krimi John Sherman

Nach einem Schlingenriss in den USA gingen die Wogen in der Kletter-Community hoch - der richtige Umgang mit Bandschlingen.

Was war passiert?

Im Oktober 2006 baute der amerikanische Local John Sherman einen Stand, in dem er zwei Friends im Fels platzierte. Der eine Friend war mittels Karabiner mit einem Speleo-Seil verbunden, welches Sherman zum Einrichten und Säubern der Route benutzte. Der zweite Friend war auch mittels Karabiner mit einer Spectra Schlinge (Hersteller Misty Mountain verbunden, die wiederum mit einem Ankerstich die Mammut Dyneema Schlinge hielt. Mit einem dritten Karabiner wurde die Mammut Schlinge mit dem Speleo-Seil verbunden - auf Grund der direkteren Belastung im Kräftedreieck musste diese mehr Belastung aufnehmen als der erste Friend, an dem nur das Speleo-Seil befestigt war (siehe Bild „Symbolische Nachbildung von Shermans Stand“).

Sherman seilte sich ab um eine Route einzurichten und zu säubern, da gab es einen unguten Ruck, wie sich später herausstellte, war die Mammut Dyneema Schlinge gerissen. Da aber der Friend mit dem Speleo-Seil dem Ruck standhielt, blieb Sherman unverletzt. Sherman schickte die am Unfall beteiligten Schlingen an die Mammut Sports Group, die begannen mit der Untersuchung des Falles.

Diskussionen und Verunsicherung bezüglich des Fall Sherman

Im Internet schlugen die Wogen hoch, in unzähligen Forumsbeiträgen – angefangen in den USA, später dann auch in Europa – wurde dieser Fall diskutiert. Unter den Kletterern herrschte doch einige Verunsicherung, wie man mit Bandschlingenverbindungen an sich bzw. mit dünnen Dyneema Schlingen umgehen soll.

Mammut führte inzwischen unzählige Tests durch und versuchte den Unfallhergang möglichst genau zu rekonstruieren. Der Riss der Mammut Contact Sling befand sich genau am Knotenausgang. Ein Strang der Schlinge war vollständig gerissen, beim zweiten waren nur einzelne Fäden durchgetrennt. Der vollständig durchtrennte Strang hatte ironischerweise während der Anwendung keinerlei Kontakt mit der Spectra Schlinge, bei der ebenfalls einige Garne beschädigt wurden.

Aufschluss gab erst das Mikroskop

Im November wurden dann die verschiedenen, bei den Versuchen mit Zug- und Sturzmaschinen, abgetrennten Enden unter dem Mikroskop untersucht. Die Rissbilder der Tests zeigen, bis auf die zwei geschnittenen Schlingen, ein mehr oder weniger chaotisches Rissbild mit Verklebungen oder Köpfchenbildung der Fasern (leicht thermische Einwirkungen).

Also einzig die unter Zug geschnittene Schlinge wies große Ähnlichkeiten mit der „Unfalle-Schlinge“ von Sherman auf. Da die Reissfestigkeit durch Knoten verbundene Schlingen mehr als 50% abnehmen kann. Man kam auf einen „Endwert“ von 880daN. Diese Kraft ist mit normalem Körpergewicht nur mittels eines Sturzes aus mehreren Metern zu erzielen - Stürze gab es laut Sherman aber keine.

Schlinge mit scharfem Gegenstand durchgeschnitten

Und Mammut nannte als plausibelste Annahme, dass die Schlinge mit einem sehr scharfen Gegenstand, ohne den ausgerissenen Strang, durchtrennt wurde. Theoretisch also möglich, dass jemand oben zum Stand gegangen ist und die Schlinge durchschnitt.

Laut Sherman ist der Standplatz aber nur schwer zu erreichen – andrerseits possiert Sherman ohne Gurt und Kletterausrüstung am Standplatz, und wurde dabei Fotografiert (um die Fotos dann Mammut für die Rekonstruktion des Vorfalles zur Verfügung zu stellen). Dies wiederum veranlasst Mammut zur Annahme, dass der Stand von Shermann ohne Kletterei von oben erreichbar ist…

Der Schlingenreport zum Fall Sherman von Mammut (englisch): Download PDF

Information zum Bandschlingen-Handling

Florian Thamer hat einige Infos zum Umgang mit Bandschlingen zusammengetragen.

Drei Typen von Bandschlingen

Die PA Schlinge Polyamid - ca. 19mm Breite)

Die PE Schlinge Polyethylen - ca. 8mm Breite, sehr dünn

Die PA/PE Schlingen, Dyneema (eine Mischung beider Komponenten) - ca. 13mm)

Alle diese Schlingen sind laut Norm auf 22KN geprüft was extreme Sicherheitsreserven zulässt. Jeder Knoten reduziert jedoch die Festigkeit in einem System (bis zu 60%). Dies gilt für Seile wie auch für Schlingen.

Generell wird für Ausgleichsverankerungen Bandschlingenmaterial verwendet. Heutzutage sollten nur mehr handelsüblich vernähte Bandschlingen verwendet werden, da es hier zu keinem Aufziehen des Knotens und einer zusätzlichen Schwächung kommen kann.

Als Verbindungsglied immer ein Karabiner

Wenn eine Ausgleichsverankerung gebaut wird, sollte als Verbindungsglied immer ein Karabiner verwendet werden. Direktes Fädeln in Hakenlaschen, Eisschrauben etc. sollte vermieden werden, da die engen Umlenkradien sich sehr negativ auf die Festigkeit auswirken. Auch wenn Schlingen miteinander verbunden werden, ist es besser einen Schraub-Karabiner als Zwischenelement zu nehmen, anstatt diese nur mit Ankerstich zu verbinden.

Im Normalfall ist wie schon erwähnt genug Sicherheit im System, aber wenn die Möglichkeit besteht einen Schraubkarabiner zu verwenden, sollte diese genutzt werden. Der Karabiner darf nie über eine Kante belastet werden!

Nicht über scharfe Kanten

Bei Köpfelschlingen (Schlingen, die um einen Felskopf gelegt werden) oder Sanduhren verteilen sich die Kräfte im Normalfall auf den Umfang. Wichtig ist hierbei darauf zu achten, dass die Schlingen nicht über eine scharfe Kante geführt werden. Die PE Schlinge ist als Material unempfindlicher gegen Kantenbelastung, dafür ist jedoch der Querschnitt (8mm) deutlich geringer gegenüber einer PA (19mm) Schlinge, was diesen Vorteil wieder neutralisiert.

Wann müssen Schlingen ausgetauscht werden?

Die Lebensdauer ist schwer zu definieren. Vom Hersteller wird meistens empfohlen die Schlingen nach 5 Jahren auszutauschen (Hersteller spezifisch). Jedoch spielt in erster Linie das subjektive Empfinden eine große Rolle. Wenn persönliche Zweifel aufkommen sollten, ist es besser das Material zu tauschen.

Gefädelte Seilstücke halten mehr!

Im alpinen Bereich kommt es oft vor, dass geknüpfte Schlingen in Sanduhren schon vorhanden sind. Hier ist immer Vorsicht geboten, da die starken Witterungen der Schlinge ganz schön zusetzen können, gerade im Bereich vom Knoten.

Bei gefädelten Seilstücken (meist alte Kletterseile) hingegen ist der Mantel zwar optisch stark verwittert, die Seele (die Stränge im Seil) jedoch noch sehr tragfähig! Im Zweifelsfall kann die Sanduhr nachgefädelt werden.

Kontrolliere gelegentlich die Nahtriegel und die Oberflächenbeschaffenheit der Schlinge. Im Falle eines harten Sturzes direkt in die Schlinge (z. B. in eine gefädelte Sanduhr…) sollte diese ersetzt werden, da durch die sehr hohe Reibungshitze entweder die Fasern verletzt werden oder ihre Festigkeitseigenschaften einbüssen.

Unabhängig von der Benutzungshäufigkeit sollte eine Schlinge in folgenden Fällen ausgesondert werden:

1) Nach einem harten Sturz (extreme mechanische Belastung)

2) Bei Beschädigung der Nahtbilder

3) Bei irreversiblen starken Verschmutzungen (z.B. Fette, Bitumen,Öle, etc.)

4) Nach Kontakt mit Säuren (z. B. Batteriesäure, starke Urin Belastung).

5) Nach starker thermischer Belastung, Kontakt- oder Reibungshitze, sodass Verschmelzung oder Schmelzspuren sichtbar sind.

Da eine Ausgleichsverankerung meist nur aus einer Bandschlinge besteht, ist diese als solches nicht redundant und im Zweifelsfall sollte als Verbindungselement immer ein Schraubkarabiner (Safebinder) verwendet werden.

Webtipp:

Mammut

Florian Thamer



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