Little Shipton mit seiner 500 m hohen Ostwand Little Shipton mit seiner 500 m hohen Ostwand
12 Oktober 2006

Austrian Shipton Expedition 2006 - Karakorum, Trango Valley

Tiroler Team räumt im Karakorum gehörig ab !!! „Woman and Chalk“ 8a, „Eternal Flame“ 7c+ und die Neutour „Winds of Change“7a+ wurden unter anderem in nur 40 Tagen geklettert....

Erlebnis Karakorum, Trango Valley

Thomas und Hansjörg liegen gerade im Hotel in Islamabad und kämpfen mit der enormen Schwüle. 45° C Lufttemperatur gepaart mit einer sehr hohen Luftfeuchtigkeit. „Endlich geht es los“, ruft Hansjörg zu ihm hinüber. Die Räder der Expedition beginnen sich zu drehen. Die Vorfreude auf das Trango Valley ist gewaltig. Mit dabei sind noch Matthias, sowie Charly und Ambros.

Morgen geht es weiter nach Skardu. Doch nicht über den sehr langen Karakorum Highway, sondern gemütlich mit einem 45 minütlichen Inlandsflug. Bei traumhaften Wetter genießen sie den Ausblick auf die umliegenden Achttausender wie Nanga Parbat, K2, Gasherbrum usw.

In Skardu treffen sie endlich auf ihr Cargo Gepäck und lassen Schweißperlen auf den Gesichtern der pakistanischen Freunde aufkommen, als sie feststellen, dass das Portaledge fehlt. Sofort verschwinden alle mit lautem Gejammer kommen aber gleich mit einem schwarzen Sack wieder zurück. Sie sind erleichtert.

Allmählich wird ihr Auswurf immer flüssiger bis hin zum kompletten „round up“. Hansjörg, Matthias und Ambros kämpfen mit diesen sehr unangenehmen Symptomen und sie sind froh am nächsten Tag, nach einer 7 stündigen Jeepfahrt, Askole zu erreichen, das letzte Dorf im Shigar Valley. In den nächsten 3 Tagen wandern sie über das Trägerzentrum Paiju und der Zunge des mächtigen Baltoro Gletschers ans Ende des Trango Valley zum Shipton Base Camp (4160m). Ein grünes Hochplateau mit einem Ausmaß von 3-4 Fußballfeldern, klarem Bächlein und einem kleinen See soll nun ihr Zuhause für die nächsten 40 Tage werden. Sie sind die einzige Expedition. In 5 Tagen wird noch ein amerikanisches Team kommen.

In der ersten Zeit ist die Stimmung im Lager beinahe am Nullpunkt. Nicht, weil das Wetter schlecht ist, sondern Ambros leidet an einer akuten Höhenkrankheit. Unvorstellbar, dass es so schnell gehen kann. Den Hubschrauber brauchen sie dann doch nicht, er kann selber in Richtung Baltoro Gletscher absteigen. Kochhelfer Jousuf wird ihn begleiten. In 3 Tagen Ambros kommt wieder. Doch die Expedition soll für ihn nicht so richtig gelingen. Insgesamt wird er noch mit 6 Krankheiten zu kämpfen haben.

Das Abenteuer beginnt - zwar no woman dafür endlich Chalk ...

Das Portaledge am Wandfuß des Shipton Spire (ca. 5700m) haben Thomi und Hansjörg bereits installiert. Gut geschützt unter einem kleinen Überhang vor dem doch regelmäßigen Steinschlag werden sie die nächsten Tage hier verbringen. An insgesamt 3 Klettertagen gelingt es ihnen 450m Fixseile bis ins „Bed and Breakfast“, eine kleine Plattform in ca. 4800m, zu legen. Ihre Hände sind zerschunden doch die Kletterei war ein Wahnsinn, wenngleich sie nicht optimale Bedingungen vorfanden, denn einige Stellen der Route waren komplett nass. So können sie bis auf einige wenige Passagen alles frei klettern. Während Thomas und Hansjörg klettern, arbeitet sich Ambi mit dem Haulbag gekonnt hoch. Einig Male muss er zurück um den verklemmten Sack zu befreien, doch er schafft es. Übrigens, auch ein kompletter Haulbagriss am ersten Stand ließ ihn nicht verzweifeln. Der gesamte Inhalt wurde zum Geschoß, doch zum Glück fand er alles wieder. Zusammen bauen sie dann das Portaledge auf, deponieren das Material, seilen zurück zum Wandfuß und steigen sogleich ins Base Camp ab.

2 Tage später brechen sie wieder auf. Fast 3 Stunden benötigen sie für den Aufstieg an den Fixseilen. Es ist brutal anstrengend. Am Nachmittag fixieren Thomi und Hansjörg noch an die 150m mit den Halbseilen und einem kleinen Rest des Fixseiles. Die 3 Seillängen gleich oberhalb vom „Bed and Breakfast“ bleiben ihnen von der gesamten Route am besten in Erinnerung. 7a+, 8a und 7c+ folgen gleich hintereinander. Hansjörg führt den 8a California Crack. Nicht ganz senkrecht, dafür aber mit einer sehr gefinkelten Stelle am Schluss der Länge. In eleganter Piazkletterei geht es weiter, dann erreichen sie leichteres Gelände. Der Weg zum Gipfel ist frei. Sie seilen zurück zum Portaledge.

Um 5:00 Uhr brechen sie dann auf. Ihnen stehen noch 10 Seillängen mit Schwierigkeiten bis 7c bevor. Thomi, Hansjörg und Ambros geben Vollgas. Um etwa 12:00 Uhr steigen sie im Schneetreiben auf den Gipfelgrat aus. Das Wetter hat sich verschlechtert. Bubu Bole hat „Woman and Chalk“ hier beendet. Doch sie wollen unbedingt ganz hinauf und siehe da, der Schneefall lässt nach. 8 Seillängen anspruchsvolle Mixed-Kletterei der Route „Ship of Fools“ trennen sie noch vom Gipfel. Gegen halb vier haben sie es dann geschafft. Sie stehen am höchsten Punkt.

Um 20:00 Uhr, im letzten Schein der Stirnlampe erreichen sie dann nach langer Abseilfahrt wieder „Bed & Breakfast.

Am nächsten Morgen seilen sie dann weiter ab. Alles geht wieder mit. Sie wollen die Route sauber hinterlassen. Das Gewicht der Haulbags steigt wieder. Am frühen Nachmittag erreichen sie dann das Base Camp.

Die „Flame“ steht unter Feuer und schmilzt ...

Matthias und Charly kommen am nächsten Morgen zurück. Thomas, Hansjörg und Ambros sehen sie schon aus weiter Ferne und stellen jede Menge Theorien auf, wie es ihnen in „Under Fire“ an der „Flame“ (6300m) wohl ergangen ist. 2003 wurde die Linie von Brian McMahon und Josh Wharton eröffnet Eine steile Granitnadel oberhalb des Hainabrakk Gletschers etwa einen Tagesmarsch vom Shipton Base Camp entfernt.

Doch die Jungs hatten kein Glück. 4 Seillängen kletterten sie in der Route. Doch die Verhältnisse waren derart schlecht, dass die relativ leichten Risse keine Freikletterei zuließen. Komplett naß und vereist bedingt durch eine sehr große Schneewächte am Gipfelgrat. Unter diesen Bedingungen war es einfach sinnlos noch einen Versuch zu starten.

Sie freuen sich dann aber alle riesig, als Matthias und Charly neben der Besteigung des Great Trango (6286m) über den Normalweg, die vermutlich erste Besteigung des Trango Peak (6545m) gelingt. Der Anstieg verläuft in der 2300m hohen Westflanke und bietet Schwierigkeiten bis 55° im Eis sowie M5 im kombinierten Gelände. Sie starten am frühen Morgen des 19. August mit extrem leichten Gepäck. Bereits um 14:00 Uhr haben sie den Gipfel erreicht und genießen die einmalige Aussicht auf die großen Achttausender. Nach einigen Abseilmanövern zwingt ihnen die einbrechende Dunkelheit 900 Höhenmeter oberhalb vom Base Camp noch zu einem Biwak. Am nächsten Morgen erreichen sie dann müde aber überglücklich das Lager.

„Eternal Flame“ – ein Geschenk Gottes...

Thomas und Hansjörg quälen sich gerade das ewig lange Zustiegscouloir hinauf in Richtung Nameless Tower. Nachdem sie gestern Abend im Trango Base Camp gleich zwei Summitpartys erleben durften geht es in ihren Mägen rund. Morgen, so Gott will, wollen sie sich eine Alpinstilbegehung der weltbekannten „Eternal Flame“, erstbegangen von Kurt Albert und Wolfgang Güllich im Jahr 1989, sichern. Am frühen Nachmittag erreichen sie nach 8 Seillängen die Sonnenterrasse in ca. 5500m Höhe. Die Linie von „Eternal Flame“ schaut einfach irre aus. Nach dem Pendelquergang der 1. Seillänge starten die Hand- und Fingerrisse wie aus dem Nichts begrenzt von glatten, strukturlosen Platten.

Doch am nächsten Morgen schaut das Wetter gar nicht gut aus. Der Himmel ist bedeckt und im Süden stehen dicke, schwarze Wolken. Sie wollen es trotzdem versuchen. Die ersten 5 Seillängen sind ein echter Hammer. Kontinuierlich im 8. Schwierigkeitsgrad klettern sie was das Zeug hält. Das Wetter bessert sich nämlich nicht merklich. Der „Nachsteiger-Rucksack“ ist relativ leicht, sodass die beiden ohne Jümar unterwegs sind. „Say my name“, 8+/9-, ein gewaltiger Doppelriss auf knapp 6000m bleibt ihnen in ganz besonderer Erinnerung. Die letzte Seillänge klettern sie bereits im Schneetreiben und nach 8 Stunden Kletterei am frühen Nachmittag haben sie den Pfeilgipfel erreicht. Der Hauptgipfel ist verdammt nahe, nur 80m im 5. Schwierigkeitsgrad trennen sie davon, doch den müssen sich Thomas und Hansjörg heute schenken. Sie seilen ab. Eine Stunde später kehren sie wieder zur Sonnenterrasse zurück. Der von ihnen vermutete Wettersturz ist ausgeblieben. Doch die Freude „Eternal Flame“ geklettert zu sein überwiegt gegenüber dem Nichterreichen des Hauptgipfels deutlich.

„Winds of Change“ – manchmal weht ein anderer Wind ...

Seit mehr als 15 Tagen ist das Wetter schon schlecht. Nur einmal hatten die 5 Jungs Ausgang, als ihnen ein ziemlich bekannter Wetterfuchs 4 schöne Tage prophezeite und ihnen riet kräftig in die Hände zu spucken. Doch schlussendlich waren es die schlechtesten Tage überhaupt. Nur gut das beinahe das gesamte Base Camp auf den Beinen war. Matthias, Charly und Ambros waren auf der Sonnenterrasse am Nameless Tower. Thomas und Hansjörg starteten Richtung Little Shipton. Doch außer Schnee und Regen, nicht viel gewesen.

Nichts desto Trotz beglückt sie eine höhere Kraft noch einmal mit zwei wahnsinnig schönen Tagen. Die Mannschaft steht bereits kurz vor ihrem Abmarsch aus dem Lager und Thomas und Hansjörg wissen: „Jetzt oder nie!“

Little Shipton (ca. 5400m), unbestiegen und mit einer sehr steilen über 500m hohen Wand wartet noch befreit zu werden. Mit dem Fernglas haben sie die Route schon auserkoren. Durch den zentralen Teil der Wand soll sie gehen. Doch je weiter sie sich dem Zapfen nähern, desto unwahrscheinlich kommt ihnen der Traum vor. Im Alpinstil ohne Bohrhaken ist hier nichts zu machen. Wir ändern den Plan und finden eine andere Linie. Sie werden im rechten Wandteil starten und dann nach einigen Seillängen über einen Riss an die rechte Begrenzungskante wechseln. Der Fels schaut einfach phänomenal aus. Thomi meint: „Nameless-Like“

Goldgelb leuchtet der Fels in der Sonne über ihnen. Sie erreichen den schwierigsten Teil der Route. Der Quergang zur Kante gelingt ihnen in freier Kletterei, wenngleich Hansjörg in einer nicht absicherbaren Platte einen Bohrhaken schlagen muss. Riss an Riss hängen Sie zusammen, immer dem logischen Weg nach. Vor allem die vorletzte Seillänge bleibt ihnen gut in Erinnerung. Fingerrisse par excellence leiten sie zum Abschlussüberhang, den sie dann etwas rechts überwinden. Sie hinterlassen keine einzige technische Passage, stehen bereits zu Mittag am Gipfel und freuen sich über ihr kleines Werk.

Beim Abseilen erleiden dann beide noch einmal eine Schrecksekunde. Am letzten Stand bricht Hansjörg während der Abseilfahrt der Fixkeil aus. Er kann sich gerade noch halten und einen 50m Absturz in letzter Sekunde vermeiden. Plötzlich merken sie, dass ein anderer Wind weht ...

Reinhard Karl über Trango Türme...

Weitsichtig, weil kenntnisreich, hatte Reinhard Karl schon vor vielen Jahren erkannt, dass die Besteigung des Mount Everest wohl mehr Menschen möglich sei, als die Lösung des 5-Meter-Boulderproblems „Midnight Lightning“ im Yosemite. Mit solch extremen Beobachtungen provozierte er gern, wollte positiv anstoßen, zum Denken anregen. Das war ihm wichtig, dem alpinen Romantiker mit Sportlerseele. Vor 10 Jahren, auf dem Weg zum K2, sah er die Trangotürme: Es heißt, diese Berge seien die Zukunft von Yosemite ...- vielleicht als Foto, auf dem Sofa liegend betrachtet ... – der El Capitan ist dagegen nur ein Turngerüst für Traumtänzer - ... Klettern kann hier kein Spiel sein! ...“ (aus „Plötzlich zeigt der Atlas wieder weiße Flecken“ – AV Jahrbuch ´91).

Daten und Fakten Trango 2006

Teilnehmer: Thomas Scheiber, Hansjörg Auer, Matthias Auer, Karl Dung, Ambros Sailer.

Base Camp erreicht am: 14.07.2006

Shipton Spire (ca. 5700 m): Erste Wiederholung der Route „Woman and Chalk“ in der 1200m hohen Ostwand an insgesamt 5 Klettertagen durch Thomas Scheiber, Hansjörg Auer und Ambros Sailer. Überdies war es die erste Begehung dieser Route bis zum Gipfel überhaupt.

Schwierigkeiten: bis 8a (laut Erstbegeher), Eis bis 90°, 36 SL

Nameless Tower (6239 m): „Eternal Flame“ im Alpinstil in 2 Tagen vom Trango Base Camp und in 8h von der Sonnenterrasse bis zum Pfeilergipfel durch Thomas Scheiber und Hansjörg Auer.

Wandhöhe: 800m.

Schwierigkeiten: bis 7c+ (7b, A2), 28 SL.

Great Trango (6286 m): Anstieg über die „Woolums Route“ (Normalanstieg) in 2 Tagen vom Trango Base Camp durch Matthias Auer und Karl Dung.

Schwierigkeiten: 2 bis 3, Eis bis 55°.

Trango Peak (6545 m): Vermutlich erste Besteigung des Gipfels über die 2300m hohe Westflanke an einem Tag vom Shipton Base Camp durch Matthias Auer und Karl Dung.

Schwierigkeiten: M5, Eis bis 55°.

Little Shipton (ca. 5400 m): Neutour „Winds of Change“ durch die 550m hohe Ostwand im Alpinstil und zugleich erste Besteigung des Gipfels durch Thomas Scheiber und Hansjörg Auer.

Schwierigkeiten: bis 7a+, 14 SL.

Der Dank gilt allen Sponsoren, die das Team bei ihrem Unternehmen tatkräftig unterstützt haben und auch Karl Gabl, der verantwortlich war, dass die Schönwetterperioden optimal genutzt werden konnten - 5 Gipfel und 2 Erstbegehungen waren das Ergebnis!

Text & Fotos: Team Alpin

Webtipp:

www.team-alpin.at

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