Auf dem Weg von Askole nach Joola Auf dem Weg von Askole nach Joola
09 Juli 2005

Zweite News vom Gasherbrum II

Die Amical-Expedition um Stefan Keck erreicht das Lager 1 am Gasherbrum II - schlechtes Wetter und Rettungsaktionen am Berg....

Unser BC steht schon seit 23.6. - auch der Anmarsch ist schon sehr lange her. Ich sitze hier nun in unserem BC-Domzelt. Das Wetter wird langsam schlechter und die Helikopter rauschen im Stundentakt über unser Camp. Die pakistanische Armee scheint ihre Hochgebirgstruppen noch zu versorgen, bevor die nächste längere Schlechtwetterphase eintrifft. Bis jetzt waren wir vom Wetter ja sehr verwöhnt. Wir hatten 14 Tage keine Wolke am Himmel und untertags Temperaturen bis 35°C plus. Der Unterschied zwischen Tag und Nacht war manchmal bis zu 40°.

Von Scardu nach Askolo

Nach unserer Ankunft in Scardu mussten wir den Aufenthalt noch um einen Tag verlängern, da unser Begleitoffizier beim Briefing mehr Zeit brauchte als erwartet. Mit einem Tag Verspätung machten wir uns dann am 16.6 auf den Weg nach Askole. Pünktlich um 6 Uhr haben wir mit 5 Jeeps Cardu verlassen. Die Strasse, falls man das noch als Strasse bezeichnen kann, zieht sich durch grüne Wiesen, vorbei an den ersten schneebedeckten Bergen in ein immer enger werdendes Hochtal. Genau auf dieser Strecke ist vor 14 Tagen einer der besten chinesischen Bergsteiger durch Steinschlag ums Leben gekommen. Sehr erleichtert, dass die Fahrerei nun endlich vorbei war, erreichten wir dann um 15 Uhr Askole.

In Askole haben wir dann unsere Küchenmannschaft, bestehend aus 2 Köchen, einem Hilfskoch und 2 Küchenjungen, kennengelernt. Jassier und Hassan, unsere 2 Hochträger, begleiten uns ebenfalls von heute an. Am 17.6 beginnt für uns endlich die erste Bergetappe. Um 7 Uhr verlassen wir Askole und wandern los Richtung Jola. Ich bin mit den Teilnehmern unterwegs, wärend Herbert Wolf, der 2. Bergführer in unserem Team, die Gepäcksverteilung überwacht.

Wir benötigen 142 Träger für unser Gepäck. Da ist es ganz klar, dass nicht immer alles ganz locker abläuft. Da zur Zeit 17 Expeditionen in das Gasherbrum-Gebiet unterwegs sind, ist es nicht ganz einfach, genügend Träger zu finden. Wir haben einen Teil des Gepäcks in Askole zurückgelassen. Sobald genug Träger da sind, wird es uns nachgeliefert. Der Campground in Jola wurde letztes Jahr wegen des K2 Jubiläums komplett erneuert und ist schon fast auf europäischem Standart.

In der zerklüfteten Bergwelt des Karakorums

Schon nach diesem ersten Tag kommt uns die wilde und zerklüftete Bergwelt des Karakorums ziemlich nahe. Schroffe Felszacken und bizarre Hängegletscher begleiteten uns auf unserer ersten 6-stündigen Tagesetappe. Am nächsten Tag sind wir schon wieder um 6 Uhr aufgebrochen, um der Tageshitze zu entgehen. Um 10 Uhr ereichten wir einen Lunchplatz, wo uns unsere Köche mit einem vielfältigen Mittagessen erwarteten.

Dies war auch der letzte Platz, wo Einheimische Cola und Zigaretten verkauften. Wir sind während des ganzen Tages schon auf den toten Moränen des Baltoro Gletschers unterwegs und erreichten um 14 Uhr Paiju. Dies ist die letzte grüne Oase auf unserem Weg ins Basislager. Hier haben wir auch noch einen Ruhetag gemacht, den unsere Träger für ein Fest nutzten. Es wurden 4 Ziegen geschlachtet und dann am Abend bei feuer, Trommelmusik und Gesang verzehrt.

Vorbei an den Trangotürmen in Richtung Basislager

Am 20.6 sind wir dann nach dem Frühstück um 7 Uhr aufgebrochen und haben nach ca 1 Std zum ersten Mal das Eis des Baltoro Gletscher betreten. Vorbei an den Trangotürmen und in einem unaufhörlichen Auf und Ab über Todeis und Moränen erreichten wir nach 7 Std unseren nächsten Lagerplatz. Urdukas liegt auf 4050m und wir haben zum ersten Mal auch mit der schon etwas dünneren Luft zu tun gehabt. An diesem Tag gab es auch zum ersten Mal etwas Regen und es wurde dann auch schnell ziemlich kalt. Doch am nächsten Tag konnten wir schon wieder bei schönstem Wetter aufbrechen, um unser nächsten Lagerplatz, Gore II, ca 20 km weiter am Baltoro Gletscher zu errichten.

Auch heute erreichten wir unseren Lagerplatz bei leichtem Schneesturm und unsere Träger wollten schon alles liegen und stehen lassen und abhauen. Während wir unser Lager erichteten, hat sich das Wetter aber zum Glück wieder gebessert und alles ist friedlich ausgegangen. Wir konnten die Abendsonne geniessen und der Ausblick zum G4 und zum Gasherbrum verleitete zum Träumen. Dies war für mich ein geeigneter Platz, um mich von einem Freund und Kollegen, Markus Koidl, entgültig zu verabschieden.

Nach einer kurzen Nacht sind wir am 21.6 schon um 3 Uhr aufgebrochen, um unseren nächsten Lagerplatz zu erreichen.

Viel Neuschnee und heisse Temperaturen erschwerten uns das Weiterkommen. Die Träger sind teilweise bis zum Bauch im Schnee eingebrochen. Doch wir erreichten schon um 9 Uhr den

Concordia Platz auf 4650m. Das Wetter war ein Traum an diesem Tag: K2, Broad Peak, Chogolisa...alle in "greifbarer" Nähe.

Die Träger wollen nicht mehr weiter

Die Träger wollten nun entgültig nicht mehr weiter gehen und haben ihre Sachen in den Schnee geschmissen. Nach einiger Zeit und Tschei (pakistanischer Tee) und mit viel Verhandlungsgefühl konnten wir fast alle Träger dazubringen, weiter zu gehen. Ein Dollar Aufpreis pro Träger und um 10 Uhr ging es dann weiter Richtung Chogori, 4800m. Die Träger mussten teilweise gesichert werden, da der Gletscher nun schon zeitweise etwas spaltiger und unbegänglicher wurde. Um 16 Uhr erreichten wir dann unser Lager bei schönstem Wetter direkt am Fusse der Choglisa.

Am nächsten Tag sind wir wieder pünktlich um 5 Uhr aufgebrochen und erreichten um 9 Uhr unser Basislager auf der Mittelmoräne des Abruzzen Gletschers. Gleich zur Begrüssung donnerte eine riesige Lawine vom GI Richtung Basislager. Eine riesige Eis- und Schneewolke fegte über uns hinweg und brachte gleich den gehörigen Respekt mit.

Da wir ja von Anfang an Probleme mit der Anzahl der Träger hatten, war natürlich noch nicht unser ganzes Gepäck eingetroffen. Am 24.6 hatten wir den ersten Ruhetag im BC geplant und hatten den ganzen Tag Arbeit, das Lager einzurichten. Die Solaranlage, Tische, Stühle usw fehlten noch, aber wir haben unser Lager trotzdem schön langsam auf Vordermann gebracht. Gegesssen wurde zwar noch auf einer Plastikfolie am Boden, aber es wurde schon langsam.

Erster Versuch am Berg

Jeden Tag trifft nun Material ein und das Wetter ist wunderbar, jeder Tag wolkenlos. Die Teilnehmer werden auf dem Certecbag und sonstigen Erstehilfe-Ausrüstungen eingeschult. Am 26.6 sind wir dann zum ersten Mal Richtung Lager 1 aufgebrochen. Um 1 Uhr in der Nacht war die ganze Mannschaft bereit und wir haben uns den Weg durch den äusserst zerklüfteten Gletscher gesucht.

Da wir noch nicht so gut aklimatisiert waren und der Weg

äusserst schwierig zu finden war, haben wir das Lager 1 bei diesem Versuch nicht erreichen können.

Auf 5680m haben wir um 5 Uhr morgens ein Depot errichtet und haben uns auf den Rückweg ins BC gemacht. Ein späterer Umkehrpunkt wäre nicht möglich gewesen, da sonst die Sonne in den Eisbruch kommt und es dann durch die Hitze sehr gefährlich werden würde.

Schon um 8 Uhr erreichten wir wieder das BC. Wir nutzten die nächste zwei Tage als Ruhetage, um unserem Körper genügend Zeit zur Aklimatisation zu geben.

Am 28.6 sind wir dann wieder aufgebrochen, um Lager 1 zu erreichen. Nach 3 1/2 Stunden Eisbruch erreichten wir schon um halb sieben unser Depotzelt. Zu der Zeit ging auch die Sonne hinter dem Gipfel des GI auf. Mit der Sonne beginnt auch die fast unerträgliche Hitze. Wir erreichten um 9 Uhr Lager I.

Nach einer Pause und Schneeschmelzen sind wir dann noch einmal ins Depot abgestiegen, um mehr Material ins Lager zu bringen. Bei 30° waren diese 2 Stunden Arbeit fast schon eine Quälerei. Am nächsten Morgen sind wir dann noch einmal zum Depot zurück und haben den Rest hochgeholt. Wir haben nun

650m Seil, 80 Gaskartuschen, 12 Zelte, 30 Eisschrauben, 20 Firnanker, Verpflegung und persönliche Ausrüstung im Lager 1. Nach der Depotarbeit haben wir uns geschont, damit wir am nächtsen Tag mit der Verlegung der Fixseile beginnen können.

Das Wetter wird schlechter

Doch das Wetter kündigte eine leichte Verschlechterung an. Wolken zogen herein und unser Hochträger Hassan hat uns Richtung BC verlassen. Er hat gesagt: "Bad weather will come soon." Als wir am 30.6 um 3 Uhr unser Zelt öffneten, schneite es bereits und ein Verlegen der Fixseile war damit nicht mehr möglich. Wir beschlossen, abzusteigen. Um 6 Uhr war die gesamte Mannschaft bereit und es hatte inzwischen schon 15 cm geschneit.

Da im obersten Gletscherbereich fast keine Wegpunkte waren, wollte niemand der anderen Expeditionen vorausgehen. Wir sind dann im dichen Nebel und Schneetreiben vorausgegangen. Der Abstieg verlief anfangs ziemlich problemlos und wir erreichten bald den unteren Teil des Eisbruches. Durch die Wärme war der Schnee aber sehr weich und die Brücken über die Spalten sehr instabil. Einmal bin ich dann in einem Spalt abgegangen, konnte jedoch selber wieder heraus. 5 Min vor dem BC bin ich dann noch in einen Gletscherfluss eingebrochen und bis zur Brust im Eiswasser versunken. Im BC erwarteten uns schon unsere Köche und nach einem schnellen Kleidungswechsel konnten wir ein ausgezeichnetes Frühstück geniessen. Den Rest des Tages galt es, die Solaranlage und den PC endlich in Gang zu bringen.

Wie man sieht, haben wir das nun auch geschafft. Heute, 1.7, haben wir einen Ruhetag und Zeit, unsere Zelte neu zu platzieren, da der Schnee und das Eis unter unseren Schlafplätzen abgeschmolzen ist. Der Wetterbericht für die nächsten 4 Tage ist sehr schlecht. Schnee vom Gipfel bis ins BC. Zur Zeit schenken wir dem Wetterbericht noch nicht so viel Glauben und bereiten uns für einen weiteren Aufstieg ins Lager I in der kommenden Nacht vor.

Schlechtwetter und Rettungsflüge

Am 1.7 hat das Wetter nun endgültig umgestellt. Die schon erwähnten Hubschrauberflüge galten nicht nur dem Militär, sondern auch einer koreanischen Expedition. Wie wir erst später erfahren haben, wurde der Expeditionsleiter und der Begleitoffizier einer koreanischen Expedition auch am selben Tag wegen Höhenkrankheit ausgeflogen.

Unsere Teilnehmer nahmen diese Luftbewegungen zum Anlass, einige schöne Helikopteraufnahmen zu machen. Doch die Freude dauerte nicht lange, dann stand unser Begleitoffizier da und sie mussten die Filme aus der Kamera ziehen. Trotz mehrfacher Belehrungen haben es einige nicht verstanden, dass man in Pakistan keine miltiärischen Einrichtungen oder Aktionen fotografieren darf.

Die Rettungsaktionen hier zu lande sind auch nicht ganz einfach. Erst muss man in Islamabad 6000 US Dollar Kaution hinterlegen, damit überhaupt ein Helikopter kommt und dann wird nur bis ca. 5000m geflogen. Über 5000 bis 5500 werden nur Rettungsaktionen gestartet, indem 2 Maschienen kommen - man ezahlt dann auch das Doppelte. Der 2. u 3.7 verliefen sehr ruhig, es hat anhaltend geschneit und von den Bergen rund ums Basilager haben sich die Lawinen im Stundentakt entladen.

Heute warten wir schon ganz hoffnungsvoll auf den neuen Wetterbericht und haben am Vormittag auch schon für die nächste Nacht vorgearbeitet. Herbert und ich sind am morgen aufgebrochen und haben das erste Stück des Gletscherbruchs neu markiert. Dies ist in diesem Moment besonders wichtig, da wir durch den Neuschnee und die Wärme sonst schon im Aufstieg Opfer der Wasserlöcher und Gletscherflüsse werden könnten.

Und wenn wir schon im Aufstieg im Wasser versinken, geht uns wieder wichtige Zeit verloren. Falls der Wetterbericht halbwegs gut ist, werden wir heute Nacht losstarten und in weiterer Folge versuchen, Lager 2 zu errichten.

Ich hoffe, dass das Elektrosystem nun weiterhin funktioniert und werde mich bald wieder melden.

in schala - schöne Grüsse

stephan

Webtipp:

alpinist.at - die Page von Stephan Keck

Amical - der Expeditionsveranstalter

Sponsoren von Stephan Keck:

La Sportiva

Edelweiss

Vaude

Völkl

PowerBar



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