Kurz vor Lager I Kurz vor Lager I
09 Mai 2007

Gerlinde vor 2tem Gipfelversuch

Gerlinde vor einem neuen Versuch am Dhaulagiri - alleine. Ralf Dujmovits kommt am Manaslu zügig vorran - schon in Lager III.

Aus dem Dhaulagiri Basecampe; 8. Mai 2007

Gerlinde Kaltenbrunner: Die letzten Tage waren ziemlich aufregend: Zuerst hat jemand unser Depot ausgeräumt, dann ist es Lucie sehr schlecht gegangen. Aber der Reihe nach. Am Donnerstag (3. Mai) sind wir vom Basislager zum ersten Gipfelversuch aufgebrochen. Problemlos erreichten wir Lager I auf 5750 Meter, mussten aber erschreckt feststellen, dass unsere ganze Ausrüstung weg war. Das Zelt, die Schlafsäcke, die Isomatten, der Kochtopf mit Brenner – alles weg. An der Stelle, wo wir die Sachen deponiert hatten, war nur noch ein großes Loch. Das habe ich noch nie erlebt! Irgendeine der anderen Expeditionen – die nun schon abgereist sind – muss alles mit runter genommen haben.

Zum Glück konnten wir uns das fehlende Material direkt im Lager I von einer anderen Gruppe ausleihen, sodass wir nicht extra absteigen mussten. Ein ganz leichtes Einmann-Zelt – das ich ursprünglich nur für eine Nacht im Lager III verwenden wollte – hatte ich selber dabei.

Am Freitag sind wir dann zum Lager II (6600 Meter) aufgestiegen, wo wir auch die Nacht verbrachten. Der folgende Tag wurde ziemlich anstrengend: Die 800 Höhenmeter bis zum Lager III rauf sind sehr steil und sehr abwechslungsreich (lange Passagen Blankeis und zum Teil felsdurchsetzt). Am Morgen sind wir noch bei schönem Wetter gestartet, doch mittags hat es völlig zugezogen und begonnen zu stürmen. Total ausgekühlt erreichten wir 7400 Meter. Lucie war ziemlich müde und erschöpft – der Aufstieg war sehr anstrengend.

Eigentlich hatten wir geplant, am Sonntagmorgen um drei Uhr zu starten. Doch wir entschieden, im Zelt zu bleiben. Draußen stürmte es stark und schon im Verlauf des Tages zeichnete sich ab, dass sich der Zustand von Lucie nicht besserte. Schließlich hat sie kaum noch getrunken, nur noch sehr verlangsamt gesprochen, in der Nacht auf Montag konnte sie nur noch sitzen. Sie schluckte mehrmals Dexamethason, um die Nacht zu überbrücken. An einen Aufstieg war nicht mehr zu denken. Jetzt war es nur noch wichtig, so schnell als möglich runterzukommen.

Montag früh verließen wir um sechs Uhr das Zelt. Der Abstieg war sehr anstrengend, weil Lucie arge Gleichgewichtsprobleme hatte, die aber zum Glück besser wurden, je tiefer wir kamen. Nach vierzehn Stunden und 2700 Höhenmetern erreichten wir um 20 Uhr endlich das Basislager. Lucie war völlig ausgelaugt und meinte, dass dieser Abstieg mit die härtesten Stunden ihres Lebens waren. Ich war einfach nur froh, wieder mit ihr unten zu sein.

Lucie fühlt sich mittlerweile besser. Sie ist noch sehr erschöpft, aber wieder ganz gut beieinander. Ich werde auch noch einige Tage rasten.

Wir sind neben einer kleinen spanischen Gruppe die Letzten im Basislager, und die Spanier sind eine Viertelstunde Fußweg von uns weg. So ist es ruhig geworden um uns herum, was ich sehr genieße. Wenn das Wetter passt, werde ich am Sonntag oder Montag einen weiteren Versuch starten, allerdings allein.

Das Risiko, dass es Lucie noch einmal schlecht geht, ist mir zu hoch. Vielleicht starten die Spanier auch noch einmal, ansonsten werde ich allein am Berg unterwegs sein.

Einen herzlichen Gruß aus dem Basislager

Gerlinde

Manaslu Expedition 2007; 6. Mail - Ralf Dujmovits via Mail.

Ralf Dujmovits: Alle sind im Basislager zurück - ich bin erleichtert. Während den Nächten in Lager II hat es doch ergiebig geschneit und damit war die Lawinensituation in einzelnen Hängen des Aufstiegs zwischen Lager I und Lager II angespannt. Jetzt wo wieder alle vollzählig zurück sind macht sich Erleichterung und erste Vorfreude auf eine Gipfelbesteigung breit.

Während die Teilnehmer am 01. Mai noch einen verdienten Ruhetage hatten, stieg ich mit Hiro und den beiden Sherpas Pasang und Karma nach Lager I auf. Der Plan war am nächsten Tag schon Material und Zelte nach Lager II hinaufzubringen und wieder einen Tag später evtl. weiter in Richtung Lager III zu versichern. Es sollte etwas anders kommen.

Der 02. Mai war ein affenheisser Tag. Der Aufstieg zwischen dem Basislager und Hochlager I für die Teilnehmer und zwischen Lager I und Lager II für die Sherpas, Hiro und mich wurde zur Hitzeschlacht. Glücklicherweise kam uns nach der Hälfte des Aufstiegs nach Lager II die parallel zu uns agierende, zweiköpfige österreichische Gruppe von ihrem Lager II auf ca. 6650 m entgegen. Damit blieb uns zumindest ein Teil der schweren Spurarbeit erspart. Trotzdem war es mit den gewichtigen Rucksäcken und der glühenden Sonne in 6500 m Höhe noch eine ziemliche Schufterei. Da es Hiro an diesem Tag wegen der Hitze nicht so gut ging und auch um die Sherpas nicht zu überlasten, entschieden wir schon beim Lager II der Österreicher Halt zu machen und ich schickte die Sherpas wieder zurück ins Lager I. Hiro und ich richteten notdürftig einen Lagerplatz her und bezogen für eine Nacht unter einer leicht überhängenden Eiswand unser Zelt.

Am nächsten Morgen - die Teilnehmer und die Sherpas machte sich an den langen Aufstieg nach Lager II - brachten Hiro und ich die gesamte deponierte Ausrüstung bis auf eine Höhe von 6750 m, wo wir einen geschützten Platz für unser Lager II gefunden hatten. In mehreren Pendelgängen beförderten wir Zelte, Fixseile und Fixiermaterial nach oben und waren Mitte des Vormittags froh alles oben zu haben. Während die Teilnehmer sich allmählich dem Lager näherten, ebneten Hiro und ich noch sieben Zeltplätze ein und so konnten wir bei Ankunft der Teilnehmer im Laufe des Nachmittags alle sieben Hochlagerzelte aufstellen. Lager II war installiert - zwei anstrengende Akklimatisationsnächte für die Teilnehmer standen bevor.

Am Morgen des 04. Mai begannen Hiro und ich um 5:00 Uhr Schnee zu schmelzen. Während der Kocher vor sich hin summte, tat es plötzlich einen Riesenschlag. Wir waren uns sicher ganz in der Nähe sei ein Eisturm in sich zusammengebrachen. Kurz darauf ein erneutes Krachen, diesmal begleitet von einem hellen Blitz. Direkt über uns hatte sich ein Gewitter entwickelt, das sich in der komenden Stunde heftig entlud. Hiro und ich wollten wegen der Pendeltransporte des Vortags erst an diesem Vormitag in Richtung Lager III aufsteigen. Was sich nun wegen des Gewitters weiter verschob. Endlich um 7:30 konnten wir starten. Der tiefe Schnee wurde mit zunehmender Höhe weniger, wir konnten die Schneeschuhe zurück lassen und die Steigeisen kamen zum Einsatz. Bis ca. 7050 m stiegen wir auf und legten dann etwas tiefer bei einem Eisturm ein Materialdepot mit 250 m Fixseilen, Firnankern und Eisschrauben an.

Genug für heute - Hiro und ich hatten ja schon zwei Nächte in Höhe des Lagers II verbracht und wollten noch ins Basislager absteigen. Was wir auch im Eilschritt taten und nachmittags wieder dickere Luft auf nur 4850 m atmen konnten.

Im Verlauf des kommenden Vormittags kamen nach und nach auch die Teilnehmer nach einer anstrengenden, neuschneereichen Nacht wieder im Basislager an. Womit dieser Akklimatisationsteil gut überstanden ist.

In den nächsten Tagen werden wir den Wetterbericht sehr genau beobachten und bei etwas Wettersicherheit nach einigen Ruhetagen versuchen in Richtung Lager III und von dort direkt zum Gipfe zu starten. Drücken Sie uns die Daumen, dass die nächsten Tage etwas trockeneres Wetter bringen. Unserem Aufstieg zum höchsten Punkt des Manaslu sollte nach einger Versicherungsarbeit bis Lager III dann nichts mehr im Wege stehen.

Für heute beste Grüsse,

Ralf Dujmovits und das AMICAL alpin Manaslu Team

Webtipp:

Gerlinde Kaltenbrunner

Amical - die "Expeditions"-Bergsteigerschule von Ralf Dujmovits mit zahlreichen Achttausendern im Programm.

Die meisten Fotos sind vom Aufstieg zum Manaslu © Amical.de



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