Tief winterliches Wetter im Basislager vor dem 1. Gipfelversuch Tief winterliches Wetter im Basislager vor dem 1. Gipfelversuch
06 August 2010

Gerlinde am K2 gescheitert, Fredrik Ericsson tot

Dramatische Wende beim Gipfelsturm, Gerlinde Kaltenbrunners Begleiter Frederik Ericsson stürzt tödlich im Bereich des Flaschenhalses ab.

Update 6.8.; 19:30

Ralf hat sich telefonisch vom Wandfuß gemeldet: Gerlinde konnte um 22:00 Uhr pakistanischer Zeit nach dem Abstieg in der Cesen-Route den Wandfuß erreichen. Beide werden nun zusammen ins Basislager zurückkehren.

Update 6.8.; 18:00

Gegen 1:30 nachts brachen Gerlinde und Frederik mit einem weiteren Bergsteiger von der Schulter (Camp 4) in Richtung Gipfel auf. Die anderen sechs Bergsteiger blieben wegen schlechtem Wetter in den Zelten zurück. Gerlinde und ihre beiden Begleiter stiegen mit der Hoffnung auf besseres Wetter (laut Prognose von Karl Gabl aus Innsbruck sollte es besser werden) weiter auf. Um 7.00 Uhr meldeten sie sich vor dem sog. Flaschenhals via Funk im BC - laut Meldung stiegen nur noch Gerlinde und Frederik weiter auf, Trey (der dritte Begleiter) war umgekehrt.

Um 8:10 meldete sich Gerlinde mit der Unfallmeldung und schilderte, dass Frederik direkt an ihr vorbei in die Tiefe gestürzt sei. Gerlinde hatte später einen Ski von Frederik (der hatte eine Skibefahrung des K2 in Erwägung gezogen) gefunden. Frederik sei vermutlich über eine große Flanke hinunter in Richtung Schulter abgestürzt. Frederik war oberhalb von ihr, bei Standplatzvorbereitungen, er wollte wohl an einer Felsinsel einen Haken schlagen.

Gerlinde stieg alleine ab und traf weiter unten auf die ihr entgegen kommenden Bergsteiger Darek Zaluski und Fabrizio Zangrilli. Alle drei stiegen zusammen hinunter in das Lager 4 im Bereich der Schulter.

Zwischenzeitlich war der Russe Yura Ermachek von der Schulter hinunter in Richtung Lager 3 abgestiegen. Yura konnte etwas oberhalb von Lager 3 ca. 400 m abseits der Route einen leblosen Körper ausmachen. Anhand des Rucksackes dürfte es sich um Frederik Ericsson handeln. Yure Ermachek war es aber wegen der Steilheit und der damit verbundenen Schneebrett- und Eisschlaggefahr trotz seiner Erfahrung nicht möglich zu Frederik Ericsson vorzustoßen. Nach Rücksprache mit dessen Eltern entschied man sich, den Körper dort zurück zulassen.

Gerlinde Kaltenbrunner hat schon Lager 2 erreicht und berichtet um 18.30 von erheblichem Steinschlag, einem Seilriss und schlechten Standplätzen. Gerlinde wartet den abendlichen Temperatursturz ab und stieg dann weiter zum Wandfuß ab, dort traf sie auf Ralf Dujmovits. Beide gehen zusammen zurück ins Basislager.

Das Expeditionsteam um Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits ist tief betroffen über den Verlust von Frederik Ericsson.

Update 6.8., 9:30:

Nachricht aus dem Basislager von Ralf Dujmovits:

Leider ist es am frühen Vormittag im Aufstieg zum K2-Gipfel zu einem traurigen Zwischenfall gekommen. Gerlinde konnte inzwischen sicher zur Schulter des K2 ins Lager IV zurück kehren und befindet sich im weiteren Abstieg. Mit Rücksicht auf die Angehörigen des Verunfallten werden wir er erst ab 16:00 Uhr MEZ genaueres berichten.

Anm. bergsteigen.at: Laut ORF unter Berufung auf Karl Gabl soll Gerlindes Begleiter Fredrik Ericsson auf dem Weg zum Gipfel 1000 Meter in den Tod gestürzt sein. Laut Fabrizio Zangrilli

(FTA), der zu C3 abgestiegen ist, soll die Sicht am Berg ganz schlecht sein.

Update 5.8.- 20:00:

Schlechte Sicht.

Nur Fredrik Ericsson schloß sich Gerlinde Richtung Gipfel an. Alle anderen zurück im C4.

Update 5.8.- 17:05:

Liebe Freunde,

Ein langer, anstrengender Tag liegt hinter Gerlinde und Ihren Begleitern. Am Nachmittag sind sie zunächst zu siebt auf der Schulter des K2 auf 8000m angekommen. Und überraschend gute Verhältnisse hat es dort oben, der Schnee ist kaum zu spuren und der Wind hält sich in Grenzen. Und auch für das morgige Wetter gibt es von unserem Freund und Meteorolgen Charly Gabl aus Innsbruck im Wesentlichen Positives zu vermelden: Zwar soll die erste Nachthälfte noch bewölkt sein - im Moment 18:45 pak. Ortszeit bildet sich gerade eine Haube über dem Gipfel des K2 - in der zweiten Nachthälfte soll es dann aber wieder aufklaren und einen schönen Tag bei moderatem Wind und angenehmen -15° C geben. Drücken wir alle die Daumen, dass es dieses Mal klappen möge. Es wäre Gerlinde so sehr zu vergönnen.

Kurz nachdem wir gestern im Lager III (7200 m) bei allerschönstem Wetter ankamen, wurden wir gleich mit den aktuell schärfsten Gefahren des K2 konfrontiert. Schon während des Aufstiegs waren wir fortwährendem Steinschlag ausgesetzt. Glücklicherweise ohne Folgen. Was uns am Platz von Lager III dann aber die hohen Temperaturen bescherten war doch reichlich heftig. Im Zelt über uns - im Lager III stehen die Zelte auf ausgehackten Plattformen in einem 45° steilen Hang übereinander - hatten Fabrizzio und Kinga schon den ersten Einschlag eines Steins zu vermelden. Kurze Zeit später dann wieder dieses Angst einflössende Surren und ein Kindskopfgroßer Stein schlug direkt unter uns im Zelt von den Polen Tamara und Darek ein: durch Außen- und Innenzelt, durch die Isomatte und durch den Zeltboden. Niemand wurde getroffen aber fortan saßen auch Gerlinde und ich mit dem Helm im Zelt beim Schneeschmelzen. Die ersten beiden Stunden der Nachtruhe hatte Gerlinde den Helm sogar im Schlaf auf.

Der Steinschlag sollte sich fortsetzen während des heutigen Aufstiegs zur Schulter: sei es dass wir selbst im steilen, extrem brüchigen Felsgelände Steine bis Koffergröße abtraten, die bisher der Permafrost an ihrem Platz gehalten hatte; sei es dass die Steine von weit oben durch die hohen Temperaturen sich von selbst lösten und herunterdonnerten. Irgendwann auf ca. 7500m, als ich voraussteigend wieder einen Fußballgroßen Stein durch leichtes Berühren mit den Steigeisen abgetreten hatte, war es mir persönlich zu spannend und ich beschloß für mich das Abenteuer K2 2010 zu beenden. Die Chance einen Stein auszulösen, der einen der Kollegen verletzt oder selbst einen Stein abzubekommen, hatte ich noch bei keiner anderen Bergtour so hoch eingeschätzt und damit war für mich der Umkehrzeitpunkt gekommen. Wenn man den Gipfel schon einmal erreicht hat, treten die Gefahren und Risiken verstärkt in den Vordergrund. Am Nachmittag - fast zeitgleich mit Gerlinde's Ankunft auf der Schulter auf knapp 8000m - war ich wieder im Basislager, von wo aus ich auch die nächsten beiden Tage versuchen werde zu berichten.

Um 18:30 Uhr hatte ich nochmals mit Gerlinde sprechen können: es geht ihr soweit ganz ordentlich. Neben den Amerikanern Fabrizzio und Tray sind noch die 3 Polen Kinga, Tamara und Darek sowie der Schwede Frederik in ihren Zelten neben ihr. Zudem waren gerade noch ein Russe und ein weiterer Pole angekommen. Heute Nacht um 01:00 Uhr soll es losgehen. Vom Abruzzengrat ist niemand wie verabredet auf die Schulter hinaufgekommen. Heute war dort wohl Ruhetag in Lager III angekündigt. Im Bereich des Bottleneck ist viel Blankeis zu sehen, meinte Gerlinde, so dass zu hoffen bleibt, dass sich die tiefe Spurarbeit vom vergangenen Jahr nicht wiederholt.

Sovie für heute aus dem K2-Basislager, morgen melde ich mich mit hoffentlich erfreulichen Nachrichten wieder.

Einen herzlichen Gruß,

Ralf Dujmovits

Gerlinde plant, heute Nacht, zusammen mit anderen Bergsteigern um 1:00 Uhr in Richtung Gipfel zu starten!

Update 4.8.2010:

Gerlinde und Ralf sind nach fünfstündigem Aufstieg bei Lager III auf 7200 m angekommen. Das Wetter spielt weiterhin wie angekündigt mit – kein Wind, jedoch sehr warm. Geplant ist, morgen die Schulter zu erreichen.

Update 3.8.2010:

In positiver Anspannung und mit einem guten Gefühl sind Gerlinde und Ralf heute Morgen für einen 2. Gipfelversuch gestartet.

Wenn alles glatt läuft, könnte Freitag, 6. August ein möglicher Gipfeltag werden.

Bericht 29.7.2010:

Schon 2007 hatten Gerlinde und ich vom K2 geschrieben: “Es hat nicht sollen sein”. Auch 2009 war Gerlinde der Gipfelerfolg versagt. Ja, auch diesmal, bei unserem ersten Gipfelversuch 2010 können wir leider nichts anderes berichten.

Voller Zuversicht und Überzeugung waren wir am 24. Juli um 4.00 Uhr früh gemeinsam mit Frederik, seinem Teamkollegen Trey, dem Italo-Amerikaner Fabrizzio und 3 polnischen Bergsteigern vom Basislager aufgebrochen. Durch den zuvor gefallenen Schnee hatten wir reichlich zu spuren, der starke Wind tat sein Übriges, wir kamen aber ohne Probleme an unserem Biwakplatz auf 6300m an.

Nach einer sehr stürmischen Nacht setzten wir tags darauf erst um 7.15 Uhr unseren Aufstieg bis 7100m fort. Noch wussten wir noch nicht, dass der Sturm den Bergsteigern am Abruzzengrat in Lager II alle Zelte zerstört hatte und sie wieder ins Basislager absteigen mussten.

Bei uns an der Cesen-Route hatte der Wind zunächst ganze Arbeit geleistet, der Schnee war komplett verblasen, sodass wir bis 7100m gute Verhältnisse vorfanden. Zwar blieb uns jegliche Sicht verwehrt und es war sehr kalt, aber wir kamen gut voran und waren voller Hoffnung, dass sich das Wetter bessern würde.

An unserem Biwakplatz vom Akklimatisationsaufstieg angekommen, fixierten wir bei Sturm und Schneefall sofort das Zelt und versuchten, unsere nassen Daunenanzüge, Handschuhe, Fotozeug,… zu trocknen. Wir waren beide sehr gespannt, was uns am nächsten Tag erwarten würde.

Gerlinde stellte sich den Aufstieg genau vor, kennt sie diesen doch sehr gut, jedoch sah diesmal wieder alles anders aus. Der Wind hatte zum Glück in den Morgenstunden nachgelassen, sodass wir energiegeladen und sehr optimistisch weiterstiegen. Gerlinde und ich waren voraus und leisteten uns leider einen “Verhauer”. Gerlinde war überzeugt, dass wir uns auf ca. 7400m weiter links halten müssten, ich tendierte nach rechts. Wir verloren eine knappe Stunde, in der uns die Anderen einholten.

Die Route zeigte sich dieses Mal völlig anders: wenig Eis, viel brüchiger Fels und ab ca. 7500m immer wieder große Triebschneeansammlungen, die uns ein schnelles Vorwärtskommen unmöglich machten. Der Tag selbst war einmalig, wunderschön und wie von Charly angekündigt, windarm. Im Licht der tief stehenden Sonne leuchteten die umliegenden und auch fernen Gipfel in einem schier unwirklichen rot. Diese Momente - voller Mystik, Energie, Lebendigkeit - erfüllen unser Dasein unendlich.

Sehr spät erreichten wir knapp unterhalb der Schulter unseren vorgesehenen Biwakplatz. Notdürftig errichteten wir eine kleine Plattform für unser Zelt.

Beide auf dem einzigen engen Liegeplatz sitzend, diskutierten wir, ob wir für den Gipfelversuch in dieser Nacht, genügend Regeneration hätten. Um Mitternacht erübrigte sich diese Frage dann ohnehin, als der Wind wieder stark zulegte…

Durch die ungemütliche Rastposition und eisigen Zehen starteten wir sehr früh unseren Kocher, bevor wir uns um 8.30 Uhr an den Abstieg machten.

Zum 5. Mal war Gerlinde nun an der Schulter oder oberhalb, und trotzdem verspürte sie kaum Enttäuschung, nach der ich sie fragte. So ist sie: Vergangenes ist vergangen, gedanklich war sie schon wieder mit den Vorbereitungen für den nächsten Versuch beschäftigt.

Am Einstieg wartete unser Küchenhelfer “Serbas” mit Marillensaft (aus getrockneten Aprikosen zubereitet). Er sagte nur zu uns: “Inshallah next time”, Hauptsache gut zurück”. Ja er hatte Recht. Im Abstieg waren wir mit häufigem Steinschlag und unterhalb von 6500m mit sehr viel Schmelzwasser konfrontiert, sodass wir sehr erleichtert waren, um 17.00 Uhr nach 3000 Höhenmeter Abstieg zwar müde aber gut im Basislager angekommen zu sein.

Um 19.00 Uhr lagen wir in unseren Schlafsäcken und erwachten am nächsten Morgen erst um 9.00 Uhr!! Drei Expeditionen vom Abruzzengrat packten heute früh ihr Basislager zusammen und verabschiedeten sich.

Wir werden uns jetzt einige Tage ausrasten und hoffen, dass wir noch eine zweite gute Chance bekommen werden - und diese dann auch nützen werden können.

An alle ein ganz herzliches Dankeschön für’s Daumen halten.

Bevor es noch einmal losgeht melden wir uns wieder.

Inzwischen ganz herzliche Grüße aus dem im Moment völlig eingetrübten Basislager senden

Gerlinde und Ralf

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