Logistische Hürden bei den Flügen
Nach einem elendslangen Flug tauchen in Manado (Nord Sulawesi) gleich die ersten Probleme auf: Wir können nicht wie geplant von Süden, über Timika, ins Basislager fliegen, da die Minengesellschaft keine Genehmigung für einen Hubschrauberflug erteil. Wir müssen von Norden, also über Biak und Nabire nach Enarotali am Lake Paniai fliegen und von dort mit dem Helikopter über die über 4000 m hohen Berge ins Lager zum Zebrarock. Dies bedeutet einen enormen Zeitverlust für uns, da die Flüge auf Neuguinea alle Sichtflüge sind.
Am zweiten Tag drohen wir in Biak, einer Neuguinea nördlich vorgelagerten Insel, fast festzusitzen, da die nötigen Plätze in der Maschine nach Nabire, an der Küste Neuguineas, nicht verkauft wurden. Es gelingt uns schließlich über einen Mittelsmann die restlichen Plätze aufzukaufen und wir landen am dritten Tag auf der Insel.
Beim weiter Flug nach Enarotali müssen wir zuerst die Spritfässer für den Helikopter vorausgeflogen werden, was wir elegant mit einer zusätzlich gecharterten Maschine lösen. Über unendliche Urwälder erreichen wir nach rund einer Stunde Flugzeit den Lake Paniai und den am Südl. Ufer liegenden Ort Enarotali. Die Landepiste ist etwas feucht und wie üblich ist eine unübersehbare Menge Leute da, Flugzeugschauen.
Aufbau der Lager am Berg
Am sechsten Tag erreichen wir mit dem Hellikopter endlich die Carstenwies und packen noch am gleichen Tag sofort um und machen uns auf den Weg mit der Kletterausrüstung das Merental hinauf. Zauberhaft liegen die vielen verschieden färbigen Seen verträumt vor uns. Bei der Abzweigung vom Neuseelandpass sieht man das erste Mal die Nordwand der Carstensz ein und ich kann der Gruppe die vorgesehene Kletterroute erklären.
Nachdem wir unsere Ausrüstung deponiert haben, queren wir noch ein Stück ins Yellow valley um auch den unteren Teil „unserer“ Route begutachten zu können. Die Wand glänzt schwarz vom Wasser und man kann schon erahnen, dass die Schlüsselstelle am Grat in fast 5000 m Höhe kein Honiglecken wird. Die folgende Nacht verbringen wir wieder am Zebra Rock in ca. 3800 m Höhe.
Gipfeltag
8. Tag: Bereits um 03:30 surrt unser indonesischer Benzinkocher. Wolfi hat dankenswerter weise das Kochen übernommen. Und genau nach Zeitplan kommen wir zum Weggehen. Im dunkeln ist es oft nicht leicht die „zarten“ Steigspuren zum Einstieg zu finden, und wir sind froh über meine Steinmanderln vom Vortag. Genau wie geplant sind wir im Morgengrauen am Einstieg. Die Kletterei kann losgehen. Wolfi klettert trotz der schweren Filmkamera elegant um die Ecke. Gleich der Einstieg ist eine etwas schwierigere Stelle, so im III Schwierigkeitsgrad. Danach kommt unschwieriges Gelände und die 3. und die 6. SL sind reines Gehgelände auf Schutt Terrassen. Als wir den großen in die Wand eingelagerten Schuttkessel erreichen, sind wir schon in der prallen Sonne und können die umliegenden Gletscher bewundern.
Wir legen die Seile zusammen. Ich weiß von früher, dass wir nun die Seile nur noch an der Schlüsselstelle am Grat brauchen werden. Mühsam ist es in dieser Höhe durch den Schuttkessel höher zu steigen. Ab und zu benötigen wir die Hände zu Hilfe, aber nach rund einer Stunde stehen wir vor einer ca. 20 m tiefen Scharte am Grat. Mitten in der Scharte erschwert noch ein kleiner Turm das Weiterkommen. Wir seilen ab und queren an der Nordseite des Turmes zu einem kleinen Absatz.
Als letzten sichere ich Wolfi hinunter, beherzt hält er sich an einem alten Fixseil an, das prompt reißt. Zum glück habe ich Wolfi gut gesichert, kann aber nicht verhindern dass er einige Meter auf den kleinen Turm hinüberpendelt. Einige wirklich tiefe Schnittwunden von dem extrem scharfen Fels an seiner Hand sind die Folge.
Die schwerste Seillänge folgt nun in Form eines schräg verlaufenden Risses, ca V + , nur durch einen alten rostigen Haken gesichert. Rasch bin ich über die abdrängende Stelle oben und kann an einem idealen Block einen „Bombenstand“ bauen. Wolfi kommt nach und mit einem zweiten Seil hängt er sich mitten in die Überhänge zum Filmen. Es dauert ein Weilchen, bis Karl das Seil umhängen kann. Trotz der großen Höhe erholt er sich rasch und auch die anderen sind bald bei mir am Stand heroben. Wieder können wir die Seile einpacken. Über schottrige Wegerln und einige Kletterstellen erreichen wir den Gelben Turm. Wild schaut dieser Turm aus einiger Entfernung aus, das Überwinden dieses Hindernisses gestaltet sich dann aber als doch als einfaches Zick Zack gehen, mit ab und zu Händen benützen. Und um 12 30 sind wir oben.
Der lange Weg zurück
Der Abstieg gestaltet sich dann als langwierige Angelegenheit. Es entwickelt sich aus dem Regen ein Schneefall wie zu Weihnachten der dann langsam in Graupelschauer übergeht. Wir seilen endlos in Sturzbächen, verursacht durch sintflutartigen Regen ab. Knapp vor dem Dunkelwerden erreichen wir wieder unser Camp im Merental. Mit dem Sattelitenhandy versuche ich unseren Hubschrauberpiloten vom Gipfelerfolg zu verständigen. Leider funktioniert es ausgerechnet jetzt nicht. Da wir jeden möglichen Flugtag nützen müssen, bleibt uns nichts anderes übrig, als noch in der Nacht zum Zebrarock ab zu steigen. Riesige Rucksäcke, Regen und totale Übermüdung sind die Zutaten zu unserem wirklich harten Nachtmarsch. Gegen 23 00 erreichen wir unser Camp am Zebrarock und von hier kann ich auch Rudolf erreichen. Endlich schlafen, aber alles ist feucht und die Kälte in dieser Höhe trägt ein übriges zum „Wohlbefinden“ bei.
Heimreise
Am nächsten Tag waren wir bereits am frühen Morgen startklar und im 08:30 hörten wir plötzlich das wummernde Motorengeräusch der Bell. Schnell alle hinein, ja mitsamt dem ganzen Expeditionsgepäck geht das jetzt plötzlcih. Ein traumhafter Flug über Ngga Pulu und das Hochland von Papua bringt uns nach Enarotali, wo wir natürlich wieder einen Tag lang festsitzen. Am letzten Tag vor dem Rückflug endlich kein Flugstress. Wir erholen uns auf der malerischen Insel Bunaken beim Schnorcheln in einem wunderbaren Riff vom Stress der letzten Tage. Es folgt ein endlos langer Rückflug über Singapure und Frankfurt. Und wieder kommt mir eine lange, interessante Reise/Expedition wie ein Traum vor, der einfach zu schnell vergangen ist.
Carstensz Pyramiden Expedition in West Neu Guinea
Expeditionsleiter: Walter Laserer
Kameramann: Wolfi Thomaseth
Teilnehmer: Markus Büel, Karl Flock und Willi Fischer
Expeditionsziel: Besteigung der Carstensz Pyramide sowie drehen eines Filmes für ARD bzw. Bayrisches Fernsehen.
Laserer alpin organisierte diese Expedition außerhalb des normalen Angebotes. Dabei konnten wir unsere Kontaktpersonen in Indonesien „testen“. In etwa mit demselben Ablauf wie oben geschildert, besteht noch die Möglichkeit an unserer nächsten Expedition zur Carstensz Pyramide im Oktober teil zu nehmen. www.laserer-alpin.at
Facts zu Neuguinea:
Neuguinea ist die zweitgrößte Insel der Welt und liegt nördlich von Australien unmittelbar am Äquator. Die Klimaunterschiede sind bedingt durch die ca 5000 m hohen Berge kombiniert mit den tropischen Inseln der Südsee enorm. Vom feucht heißen tropischen Klima bis hinauf in die Gletscherregionen findet man alles. Vor allem Regen, in höheren Lagen Graupel und Schneeschauer.
Bekannt sind die „urigen“ Einwohner der Insel. In den Mangrovensümpfen im Süden der Insel leben im Asmat heute noch Bewohner in Baumhäusern. Die vielen verschiedenen Stämme der Papuas (= „Wollhaar“), die in den unzugänglichen Tälern des Hochgebirges leben, bekriegten sich bis in die jüngste Vergangenheit heftig. Bis in die nahe Vergangenheit gab es neben dem Ahnenkult auch noch Kanibalismus. So wurden noch 1974 zwei Missionare anlässlich des Weihnachtsfestes verspeist.
Die bekanntesten Stämme bilden die Danis aus dem Baliemtal (Wamena), die Lanis aus der Gegend von Illaga und die Monis bzw. Mees aus Enarotali am Lake Paniai. Für uns Europäer ist die „Tracht“ der Eingbohrenen besonders exotisch. So tragen die Männer einen Penisköcher aus einem Flaschenkürbis, genannt Koteka, und die Frauen ein Baströckchen.
Für Touristen ist es außerordentlich schwierig eine Genehmigung zum Bereisen des Landes zu erhalten. Die Insel ist zwei geteilt. Der Ostteil wird Papua Neuguinea genannt und ist unabhängig. Der Westteil der Insel ist indonesisch besetzt und hieß früher Irian Jaya und wird jetzt nur Papua genannt.
Ursprünglich war Neuguinea holländische Kolonie, wurde 1962 von Indonesien besetzt. 1967 führte Indonesien eine den Vereinten Nationen versprochene Urabstimmung über die Staatszugehörigkeit der Ureinwohner durch. Zu diesem zwecke wurden 1200 ausgewählte „Vertrauensmänner“ befragt. Heute anerkennen die Ureinwohner der Insel diese „Abstimmung“ nicht und bekämpfen aus dem Untergrund die Indonesier. Aus diesem Grund ist der zentrale Teil der Insel Sperrgebiet.
Im Süden der Insel befindet sich die größte Kupfermine der Welt. Gerüchte sprechen von einer Mill. US$ Gewinn, pro Tag versteht sich. Da es immer wieder Zwischenfälle gibt, wird die Mine vom indonesischen Militär beschützt und ist auch absolutes Sperrgebiet, trotz ca. 20 000 Beschäftigten.
Und genau in diesem zentralen Hochland der Insel liegt der höchste Berg Ozeaniens, die Carstensz Pyramide. Mit ca. 5030 m überragt dieser Berg aus feinstem Dachsteinkalk einige vergletscherte Berge in der Umgebung. Zwei Gründe machten gerade diesen Berg für mich so interessant. Zum einen ist es der kulturell wirklich interessante Teil der Anreise, zum anderen ist die Carstensz Pyramide einer der begehrten Seven Summits.
Bei meiner ersten Besteigung wählten wir als Anmarsch die Route von Illaga im Nordosten des Berges. Leider ist Illaga auch das Zentrum des Widerstandes gegen die Indonesier und daher immer wieder absolutes Sperrgebiet. Im Moment kommt noch eine große Stammesfehde zwischen den Monis und den Danis hinzu. Jemand hat ein Schwein eines anderen getötet und das ist ein größeres Verbrechen, als wenn eine Frau getötet worden wäre.
Die einzige Möglichkeit zu den Bergen zu gelangen ist im Moment mit einem Hubschrauber über die unzugänglichen Dschungel Gebiete zu fliegen, und bereits auf über 3800 m zu landen. Dies liest sich jedoch leichter als es in der Realität ist. Die indonesische Mentalität, gepaart mit den sprachlichen Barrieren verursacht gewaltige logistische Probleme, dies wiederum führt zu entsprechendem Stress bei so einer Expedition in das Landesinnere.
Text und Bilder: Walter Laserer
Webtipp:
www.laserer-alpin.at
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