Neues Mixedklettergebiet von Albert Leichtfried
Mit Albert kann man ruhigen Gewissens in die Berge stapfen: Er ist staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, dazu Skilehrer, Meteorologie-Student und bergsportliches Multitalent. Bereits im Vorjahr machte Albert mit einigen guten Ergebnissen im Weltcup auf sich aufmerksam. Beim Eiskletterfestival in Kandersteg gelang ihm Tomahawk M10+/11- im Flash. Was ihm noch fehlte, war ein Trainingsgebiet vor der Haustüre, also in der Umgebung von Innsbruck. Und mit der Entdeckung von „Dryland“ ging auch dieser Wunsch kürzlich in Erfüllung.
Nachdem "Fontok" (M11-) nun doch schon mehr als eine Hand voll Wiederholungen bekommen hat, dachte ich mir, es muss ein neues Testpiece her. Beim Einbohren gab es unerwarteter Weise keine großen Probleme und so entstand, schon nach nur einem ganzen Tag Schufterei im waagrechten Dach, das neue Projekt. Mit 25 Metern Länge, davon 2 waagrechte Dächer - insgesamt 15 Meter überhängend, ist "Tension" nochmal um einiges härter als "Fontok".
Fontok ist mit M 11- gehört zu den schwersten Mixedroute in Österreich
Im Dezember 2003 begann die Arbeit, das Eis ließ aber noch auf sich warten und es blieb bei einer Erkundung und dem Einbohren von zwei Ständen. Im Jänner 04 konnte er die Route Happy M 10 einrichten und erspähte bei dieser Gelegenheit gleich rechts davon eine gewaltige Linie. An die zehn Meter überhängend, davon drei Meter waagrechtes Dach, gespickt mit Eiszapfen und perfekt für weite Moves: das Ganze ergibt M 11- und somit eine der schwierigste Route Österreichs. Albert konnte sie gleich im ersten Versuch klettern. Aufgrund des miserablen Tauwetters taufte er sie auf den Namen Fontok, der aus dem Thailändischen übersetzt Regenschauer bedeutet. Übrigens gibt es auch eine Route für Mixed-Greenhorns und zum Aufwärmen: Reise ins Niemandsland M 7 ist sicherlich eine Reise wert.
Tension verläuft über ein waagrechtes Dach
Doch das Besondere an "Tension" ist die Stelle über das erste waagrechte Dach, nach der die Route auch ihren Namen bekam. Beim Einbohren hatte ich schon Sorgen, dass diese Stelle unkletterbar bleiben würde. Doch nach intensivem Ausbouldern konnte ich sie doch noch lösen. Es handelt sich um eine Passage, die ich sonst nur vom verrückten Training an der Boulderwand kenne. Ich habe noch nie einen so schweren Zug im Fels gemacht. Man wird regelrecht "in das Dach gespannt" und muss mit der ganzen Trickkiste den Körperschwung abfangen um einen Sturz zu vermeiden.
Das zweite Dach ist etwas leichter, aber man sollte es nach der Anstrengung vom ersten nicht unterschätzen. Als Krönung quert man am Ausstieg über einige Rieseneiszapfen zum Stand.
Rotpunktdurchstieg gelang Albert am 31. Jänner 2004
Nach umfangreichem Ausbouldern gelang mir der erste Rotpunktdurchstieg im ersten Versuch am 31. Jänner 2004. Die Route wurde schon probiert, ist aber noch nicht wiederholt.
Durch die warmen Verhältnisse wird es wohl erst wieder nächstes Jahr mit neuen Geschichten aus dem Dryland weitergehen, denn das Potential ist noch lange nicht erschöpft!
Zustieg: Achtung: bei akuter Lawinengefahr ist der Zustieg äußerst gefährdet!!!! Von Innsbruck zur Hungerburg und weiter Richtung Gasthaus Gramartboden. Beim Gasthaus parken und dann auf der Forststraße Richtung Höttinger Alm. Es gibt 3 Wege in diese Richtung. Der kürzeste ist der äußerst rechte. Wenn man die offene Fläche beim Höttinger (mittleren Graben) erreicht, geht man diesen hinauf, bis man die überhängenden Felsen erreicht.
Gehzeit: 1 Stunde bei guten Verhältnissen. Dryland ist nach Süden bzw. Osten ausgerichtet, jedoch perfekt durch eine Felswand vor der Sonne geschützt. In normalen Wintern gibt es Eis von Dezember bis März.
Tipp: Die Webpage von Outdoor-Fotograf Hermann Erber www.outdoor-foto.at
Webtipp:
Die Webpage von Black Diamond
Die Website von Salomon
Vertical Limit (M 12) gelingt im 2ten Versuch
Nach einem schwarzen Tag beim Open der WM in Saas Fee (War nervös, hatte mir zuviel vorgenommen und auch noch etwas Pech dazu - es fehlte lediglich ein Zug ins Halbfinale) fuhr ich weiter nach Kandersteg um dort in Ueschinen meinen Frust an den tollen Mixedrouten auszulassen.
Harry's gelungene Flash-Begehung von "Vertical limit" (M12) war im Hinterkopf, leider aber kein Local vor Ort der mir die Hook's hätte ansagen können. Also was soll's: Rein ins Mega-Dach und auf eigene Faust die 40 Klettermeter ausbouldern. Nach 2 Stunden harter Arbeit konnte ich mich kaum noch bewegen.
Bei einsetzender Dunkelheit startete ich dann doch noch einen Versuch, konnte aber nicht durchsteigen. Am nächsten Tag hatte ich Muskelkater am ganzen Körper und ein Durchstieg fast nicht mehr vorstellbar. Nach langem Aufwärmen gelang mir aber doch noch der unerwartete Rotpunktdurchstieg von "Vertical limit" M12 im 2. Versuch!
4Zu den Bewertungen von Mixedrouten:
1. Die M-Bewertung ist ausschließlich für Mixedrouten gedacht, ein Vergleich mit der Sportkletterbewertung ist nicht möglich.
2. Der angegebene Schwierigkeitsgrad kann nur für eine "saubere" Begehung angewendet werden. Das heißt: Die Eisgeräte werden ausschließlich mit den Händen belastet (Weltcup-Reglement). Sitzt man sich mit den Beinen auf ein Gerät und erhält somit einen "No-hand-rest" kann man mindestens einen Grad abziehen!
3. Mixedrouten verändern sich ständig. Eine Begehung kann durch Veränderungen im Eis, im Fels, aber auch bei verschiedenen Aussentemperaturen schwierieger oder leichter werden. Meine Schwierigkeitsangaben beziehen sich auf einen Bereich. Das heißt z.B.: M10 stellt einen Bereich dar, der bei guten Verhältnissen vielleicht M10- sein kann, bei schlechten aber auch M10+.
Text: Albert Leichtfried; Albert gehört neben Harald "Harry" Berger sicher zu den derzeit stärksten Eiskletterern in Europa.
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